Frederik Svane bezwingt Vincent Keymer, Hamburg zu siebt (9. Spieltag)
3 von 111 klingt nach einer bescheidenen Quote, ist aber für Schachbundesligaverhältnisse anno 2025 ziemlich gut, rekordverdächtig sogar. Mit Monika Socko, Dinara Wagner und Lara Schulze haben am neunten Spieltag drei Frauen in der Bundesliga mitgemischt. Eine bleibt in der höchsten Spielklasse ungeschlagen, eine verpasste einen Coup, und die einzige Verliererin dieses Trios wird ihre Null verschmerzen können, da ihr Team gewann.
Als Einzelspieler überragt weiterhin Javokhir Sindarov (Düsseldorf), dessen Saisonbilanz jetzt bei 8 Punkten aus 8 Partien steht. Aber wer weiß, was wäre, hätte Bennet Hagner (Baden-Baden) in dieser Saison alle Matches absolviert. Hagner steht ebenfalls bei 100 Prozent, 5 Punkte aus 5 Partien.
Vorne lief es sportlich ohne Überraschungen. Beinahe hätte der zu siebt angetretene Hamburger SK der OSG Baden-Baden einen Punkt abgeluchst, aber es sollte nicht sein. Die Tabellenführer aus Düsseldorf waren trotz eines neuerlichen Kantersiegs nicht rundum zufrieden, da sie ihr Überteam mit reihenweise Weltklassespielern gerne einem Publikum präsentiert hätten. Aber für ein solches war kein Platz in München.

An den ersten beiden Brettern gewannen Frederik (vorne) und Rasmus Svane für Hamburg. Trotzdem setzte es für die zu siebt angetretenen Hanseaten eine knappe Niederlage gegen die OSG Baden-Baden. | Foto: Sven Noppes/OSG Baden-Baden
Schachbundesliga, der 9. Spieltag:
Deutsche Nummer eins gegen die Nummer zwei. Die meistbeachtete Partie des Matches zwischen Hamburg und Baden-Baden war die erste beendete. Vincent Keymer, nach seinem Triumph über die Weltelite beim Freestyle in Weissenhaus nun wieder auf Grundstellung 518 beschränkt, geriet nach einem taktischen Überseher gegen Frederik Svane schnell in eine verlorene Stellung, in der der Hamburger nichts mehr anbrennen ließ. Und doch stand es danach nicht 1:0 für Hamburg, sondern 1:1. Wegen Reiseschwierigkeiten war der HSK nur zu siebt angetreten. Radoslaw Wojtaszek gewann kampflos gegen seinen nicht anwesenden Landsmann Robert Kempinski.

Trotzdem waren die Hamburger nahe dran, in Unterzahl dem Favoriten einen Punkt abzuknöpfen. Dazu trug der zweite Svane-Bruder erheblich bei. Mit einem feinen technischen Sieg über Rustam Kasimdzhanov sorgte Rasmus Svane dafür, dass die ersten beiden Bretter 2:0 an Hamburg gingen. Auf Baden-Badener Seite waren es nicht zuletzt die beiden Youngster, die die Kohlen aus dem Feuer holten. Während Bennet Hagner gegen Thies Heinemann seine Saisonbilanz auf 5/5 schraubte, bewies Timur Kocharin Zähigkeit. In einem kritischen Endspiel mit Turm plus Läufer gegen Dame und Mehrbauern gegen Isaac Garner baute sich Kocharin eine Festung und hielt den halben Punkt fest.


3,5:3,5 stand es nach dieser Rettungstat, und es lief noch das Doppelturmendspiel mit jeweils drei Bauern zwischen Julian Kramer und Alexei Shirov. Letzterer, eigentlich Feuerwerker, zeigte, dass er auch als Zauberer eine gute Figur abgibt. Während Schachfreund Computer auf Ausgleich beharrte, kombinierte Shirov den Vormarsch seines Freibauern mit Mattdrohungen gegen Kramers König, bis es dem Hamburger nicht mehr gelang, alle Drohungen abzuwehren. Nach 85 Zügen hatte der Wahlspanier seinen Baden-Badenern einen hauchdünnen Sieg beschert.


Vier Matches in Folge verloren, und es stand zu befürchten, dass die Solinger in München da weitermachen, wo sie zuletzt aufgehört haben. Als nach einem raschen Remis im österreichischen Duell zwischen Markus Ragger und Felix Blohberger auf Solinger Seite Alexander Krastev ein Bauer und die stabile Stellung abhanden kamen, kämpften die Männer aus der Klingenstadt einmal mehr mit dem Rücken zu Wand.

Das taten sie erfolgreich. Siegen von Pentala Harikrishna, Mads Andersen und Alexander Naumann hatten die Gastgeber immerhin einen vollen Punkt des seit Kurzem in München lebenden Vladimir Fedoseev entgegenzusetzen. Beim Stande von 4:3 für Solingen rettete Linus Johansson seinem Team auf sehenswerte Weise einen Punkt. Den können die Münchner im Abstiegskampf gut gebrauchen, während die Solinger froh sein werden, dass der Negativlauf gestoppt ist.


Seine herzlichste Begegnung des Bundesligawochenendes hatte Bremens Laurent Fressinet in der Nacht vor dem Kampf im Hotel. Dort traf er zur Geisterstunde den gerade angereisten Peter Heine Nielsen, mit dem (und mit Jan Gustafsson) ihn ein gemeinsames Projekt verbindet: Das einstige "Team Carlsen" Fressinet, Nielsen und Gustafsson bildet den "Chicken Chess Club", deren drei Mitglieder sich dadurch auszeichnen, dass sie sehr gut und mit großer Zuverlässigkeit remis spielen können. Alle drei brachten diese Qualität am Samstag ein.

Von Fressinets baldigem Friedensschluss inspiriert, einigten sich auch Robert Markus und Lucas van Foreest auf ein chickenhaftes Unentschieden. Aber dann, beim Stande von 1:1, ging das Duell der Lokalkonkurrenten los, das die Gäste knapp, aber verdient für sich entschieden.

Auf Bremer Seite wird Lara Schulze nicht zufrieden sein. Im Lauf eines sehenswerten Duells hatte sie den in dieser Saison noch unbesiegten Aleksandar Kovacevic an der Angel, aber schaffte es nicht, den vollen Punkt einzuholen. Werder Bremens Zahar Efimenko hielt zwar seine Partie gegen Denis Kadric, wie Werders Rekord-Keeper Dieter Burdenski kaum besser hätte halten können, aber da stand es aus Bremer Sicht schon 2:4 und das Match war nicht mehr zu retten.

Volle Punkt von Ivan Saric (gegen Ex-Kirchweyher Velimir Ivic) und Zoran Jovanovic bescherten den Gästen einen knappen Sieg. Luke McShane gelang der einzige Partiegewinn für Bremen.
Als nach drei Punkteteilungen an den Brettern 1, 4 und 6 David Fruth gegen Lukas Winterberg in beiderseitiger Zeitnot ein dreizügiges Grundreihenmatt übersah, war nicht nur diese Partie dahin, auch die Hoffnung der Dresdner, gegen Heimbach-Weis/Neuwied Zählbares zu ergattern.

Jorge Viterbo Ferreira und Jakub Kosakowski waren für Heimbach auf Kurs, die Punkte 3,5 und 4,5 einzufahren. Auf Dresdner Seite hatte derweil zwar Roven Vogel Martin Kraemer im Griff, aber der Vorteil von Peter Michalik in einem wilden Gefecht gegen Gregorz Nasuta verflüchtigte sich, je näher die Zeitkontrolle kam.
Tatsächlich gelang Vogel der zwischenzeitliche Ausgleich zum 2,5:2,5, aber eine wundersame Wendung, die Heimbach des Sieges beraubt hätte, stellte sich nicht mehr ein. Der Aufsteiger der Vorsaison ist mit 6 Punkten noch längst nicht durch, aber ist schon vor dem wichtigen Sonntagsmatch gegen Bad Mergentheim ein wichtigen Schritt gegangen, um am Ende der Serie einmal mehr die Klasse zu halten.

Düsseldorfs Vorsitzender und Temchef Jan Werner war sauer. In ein "Aquarium" ohne Zuschauer hatte der FC Bayern das Heimspiel gegen den Tabellenführer verlegt und das Düsseldorfer Angebot ausgeschlagen, stattdessen am Rhein vor großem Live-Publikum zu spielen. Im Münchner Glaskasten sah zwar niemand zu, wie die Weltklassespieler Wesley So, Wei Yi, Anish Giri oder Bundesliga-Topscorer Javokhir Sindarov (8/8!) ihre Arbeit verrichteten, aber das hielt die Gäste nicht von einem neuerlichen Kantersieg ab, diesmal gegen den SV Deggendorf.

Standesgemäß war es Sindarov, der den ersten vollen Punkt erzielte. Auf der anderen Seite des Brettes war es Aleksander Delchev zwar gelungen, die erste Angriffswelle abzuwehren, fand sich aber sogleich in einem verlorenen Endspiel wieder. Raunak Sadhwani, Anish Giri und Wei Yi steuerten weitere volle Punkte bei. Wesley So gegen Aleksandar Indjic und Yu Yangyi in seiner Bundesligapremiere gegen Boban Bogosavljevic versuchten, weiter zu erhöhen, aber weder reichte So seine Mehrqualität, noch Yu Yangyi sein Raumvorteil: Es gab jeweils kein Durchkommen, sodass die Deggendorfer immerhin für sich in Anspruch nehmen können, gegen das Überteam der Liga die Hälfte der Partien nicht verloren zu haben.
Die deutschen Meister aus Viernheim waren erst einmal froh, das Hamburger Schicksal zu vermeiden und zu acht anzutreten. Wegen Anreiseschwierigkeiten stand zu befürchten, dass die Südhessen nicht jedes Brett besetzen können. Mit Ilja Zaragatski haben sie zwar stets einen weiteren Großmeister dabei, aber der ist fürs Kommentieren zuständig und wäre gar nicht spielberechtigt.

Shakhriyar Mamedyarov hatte mit den Flugverbindungen zu kämpfen, war zwar rechtzeitig anwesend, aber nach einer weitgehend schlaflosen Nacht in erster Linie körperlich. Mit der Routine eines ehemaligen Weltranglistenzweiten und WM-Kandidaten eröffnete "Shakh" den Kampf mit einem schnellen Schwarzremis. Georg Meiers Anreise war zwar einige tausend Kilometer kürzer als die von Mamedyarov, aber wenn der Zug nicht fährt, ist das trotzdem ein Problem. Schließlich saß auch Meier rechtzeitig am Brett - und brachte sein Team beim Stand von 1,5:1,5 zum ersten Mal in Führung.

Diese Führung hielt nicht lange. Aber als Dinara Wagner gegen Jakub Kusa ihr kaum zu haltendes Läuferendspiel endgültig entglitten war, zeichneten sich drei weitere Viernheimer Partiegewinne schon ab. Zwar gelang Anton Korobov nicht die schnelle Anti-Najdorf-Modellpartie, nach der es ausgangs der Eröffnung ausgesehen hatte, aber der Ukrainer ebenso wie Dennis Wagner und Alexey Sarana stellten den deutlichen Sieg sicher. Während Viernheim zumindest in Sichtweite von Tabellenführer Düsseldorf bleibt, gilt es für Bad Mergentheim nach dieser Niederlage umso mehr, am Sonntag gegen Tabellennachbarn Heimbach-Weis/Neuwied zu punkten.


Wie gut sein Turmopfer ist, da war sich Benedict Krause nicht ganz sicher. Aber er hatte gesehen, dass er sich zur Not mit einem Dauerschach würde herausreden können. Und er hatte diesen versteckten Trick erspäht, der ihm trotz Minusturm einen nicht zu parierenden Mattangriff beschert, wenn sich Daniel Hausrath nicht perfekt verteidigt. Und das tat er nicht, sodass genau besagter Trick aufs Brett kam.

Zu diesem Punkt für St. Pauli kam noch ein zweiter von Igor Janik, der Patrick Zelbel am Königsflügel auflaufen ließ, während er auf der anderen Seite des Brettes Material einsammelte. Diese vollen Punkte waren die Basis für den dritten Saisonsieg des Aufsteigers. Auf Mülheimer Seite bewies Daniel Fridman Kampfgeist. Beim Stand von 2,5:4,5 knetete der einstige Nationalspieler das günstige Doppelturmendspiel gegen Jonas Buhl Bjerre, bis der dänische Youngster die Waffen streckte.
