Hamburger SK besiegt Viernheim (2. Spieltag)
Beinahe hätte es am zweiten Spieltag zwei von drei Meisterschaftskandidaten erwischt. Während die zweite Garnitur der OSG Baden-Baden beim 4,5:3,5 über den SV Deggendorf noch einmal davonkam, startete der ebenfalls mit der zweiten Garde angetretene Deutsche Meister SC Viernheim mit einer 3:5-Niederlage gegen den Hamburger SK in die Saison. Im herbeigeschworenen Dreikampf zwischen Viernheim, Düsseldorf und Baden-Baden, der diese Saison an der Tabellenspitze spannender machen soll denn je, hat Viernheim schon nach einem Match die Punktreserve aufgebraucht. Die Titelverteidiger müssen auf Ausrutscher der beiden Mitbewerber hoffen bzw. im Saisonverlauf beide besiegen, um dem ersten Stern über dem Vereinslogo einen zweiten hinzuzufügen.
Blendend sind zwei Teams gestartet, die in der vergangenen Serie gegen den Abstieg gekämpft haben. Der Sieg des Hamburger SK über Viernheim war schon der zweite an diesem Wochenende. Dresden hat nach dem SV Werder Bremen auch den FC St. Pauli besiegt. Beide belegen Rang drei und vier der Tabelle nach zwei Spieltagen.
Schachbundesliga, der zweite Spieltag:
SC-Viernheim-Chef Stefan Martin (links) sah in Hamburg eine verdiente und glatte Niederlage seines Teams, das zuletzt im März 2023 ein Bundesligamatch verloren und die vergangene Saison mit 30:0 Punkten dominiert hat. | Foto: Reinhard Ahrens/Hamburger SK
Perfekter Saisonstart für den Hamburger SK, der in den vereinseigenen Räumen den zweiten Sieg in Folge feierte. Julian Kramer legte am achten Brett die Grundlage für den Erfolg über den Deutschen Meister. Konstantin Tarlev hatte unter Bauernopfer zu forsch die Dinge forcieren wollen. Was anfangs gefährlich aussah, entpuppte sich als Strohfeuer. Nicht das Spiel des Viernheimers gegen den schwarzen König, sondern Kramers materieller Mehrbesitz entschied die Partie.
Diesem Rückstand liefen die Viernheimer hinterher, ohne dass der im einzigen Livestream des Tages kommentierende Ilja Zaragatski aufzeigen konnte, wer den Kampf für seine Mannen wenden würde. So jemanden gab es nicht. Stattdessen stand es auch um den Wunderknaben Yagiz Kaan Erdogmus bei dessen Bundesligadebüt bald kritisch. Dem 13-Jährigen war in seiner ersten Partie als 2600er die Eröffnung missraten. Davon sollte er sich gegen den ehemaligen Wunderknaben Luis Engel nicht erholen. Der Veteran, zumindest im Kontext dieser Partie, ließ nichts mehr anbrennen. Mit Engels Sieg hatten die Hamburger 4,5 Zähler beisammen.
Zum Schluss beim Stand von 2,5:4,5 versuchte noch auf Viernheimer Seite David Anton Guijarro ein etwas besseres Damenendspiel gegen Rasmus Svane zum Sieg zu kneten. Aber für ein derartiges Anliegen hatte er den falschen Gegner erwischt. Svane hielt, und Hamburg besiegte den Titelverteidiger, ohne eine Partie zu verlieren. Am dritten Spieltag (30. November) gegen Düsseldorf dürfen die Hamburger ein weiteres Mal versuchen, einem Titelanwärter ein Bein zu stellen.
Als Ruben Gideon Köllner mit seinem zweiten Punkt des Wochenendes Deizisau 1,5:0,5 in Führung brachte, sah es schon sehr günstig für die Gäste aus. Der Grund dafür war im sechsten Zug in der Partie zwischen Benjamin Gledura und Vladimir Fedoseev zu sehen gewesen: ein spekulatives Figurenopfer, das schon 1915 José Raúl Capablanca gespielt hat, was es aber nicht besser macht. Der Block von schwarzen Bauern im Zentrum, später zwei verbundene Freibauern am Damenflügel kompensierten nie das materielle Minus.
Den Bayern ist nun der Saisonstart gründlich misslungen. Obwohl sie gegen Baden-Baden und Deizisau die ersten Drei ihres Kaders aufboten, setzte es zwei Niederlagen. Deizisau hingegen orientiert sich vorerst mit 3:1 Punkten einmal mehr nach oben. Kurz nach dem Sieg war der Bericht zum Match aus Deizisauer Perspektive schon online.
Zweiter Sieg in Folge für die Dresdner, zweite Niederlage für St. Pauli. Was genau passiert ist, lässt sich an dieser Stelle wegen der mitten im Kampf unterbrochenen Liveübertragung nicht darstellen. Aber ein möglicher neuer Eröffnungstrend lässt sich zeigen. Dresdens Jergus Pechac hat sich offenbar von Rustam Kasimdzhanovs gestrigem 1.e4 c5 2.a4!? inspirieren lassen. Gegen Aljoscha Feuerstack wiederholte Pechac den Zug des Randbauern - und gewann, so weit sich das sehen lässt, eine Glanzpartie. Für St. Pauli gelang Jonah Krause gegen Gernot Gauglitz die zweite Gewinnpartie des Aufsteigers in der jungen Saison.
Die Dresdner können mit 4:0 Punkten allem, was nun kommt, gelassen entgegensehen. St. Pauli, mit Euphorie gestartet, hat sportlich zwei Dämpfer hinnehmen müssen, aber auch gezeigt, dass der Aufstiegsmannschaft allein nicht allzu viel fehlt, um mithalten zu können. "Die Leistung war gut, die Ergebnisse nicht", sagt Mannschaftskapitän Benedict Krause. Speziell die Niederlage am Samstag sei unglücklich gewesen.
Der Hamburger Tross hat in Dresden nicht nur die Neuerungen "Wimpeltausch" und "gegnerisches Spiellokal markieren" in der Bundesliga eingeführt. Auch schachkulturell waren die Hamburger Fans unterwegs, speziell die Abteilungsleiter Thomas Schüttler und Hajo Kehr. Beide unternahmen einen Abstecher zu den Dresdner Schachlegenden Monika und Manfred Mädler, die dem Hamburger Club seit Jahrzehnten verbunden sind. Ihre Wohnung gleiche einem Schachmuseum, berichteten Schüttler und Kehr.
Beinahe hätte es am zweiten Spieltag auch den zweiten von drei Meisterschaftsfavoriten erwischt. Dem Vortagshelden Rustam Kasimdzhanov unterlief am ersten Brett gegen S L Narayanan kurz vor der Zeitkontrolle ein Einsteller, der ihn umgehend die Partie kostete. Damit stand es 3,5:2,5 für den Aufsteiger.
Um das Blatt mit den letzten beiden Partien zu wenden, mussten Etienne Bacrot und Alexander Donchenko zwar günstige, aber längst nicht entschiedene Endspiele gewinnen. Beide lösten diese Aufgabe. Bacrot baute seinen Raumvorteil gegen Egor Krivorobodov nach und nach aus, bis der Deggendorfer nach 70 Zügen die Waffen streckte. Donchenko hatte im Leichtfigurenendspiel nach 84 Zügen aus seinem Mehrbauern den vollen Punkt gemacht.
Stark auf Badener Seite einmal mehr Jugendbrett Bennet Hagner mit dem zweiten Sieg. Hagner setzte sich in einer wilden Partie gegen Vyacheslav Tilicheev durch. Einen ganzen Turm hatte der Deggendorfer für Angriff gegeben und hätte einen halben Punkt bekommen können. Aber er ging aufs Ganze, als seine Stellung das nicht hergab.
Bobby Sky Cheng rettete seinen Bremern in Dresden einen Punkt gegen Aufsteiger Bad Mergentheim. Nach sechs unentschiedenen Partien und einem Sieg von Jachym Nemec über Spartak Grigorian fuhr Cheng gegen Vyacheslav Ikonnikov den erforderlichen Sieg ein. Wie er das genau gemacht hat, lässt sich hier aufgrund der unvollständigen Liveübertragung aus Dresden nicht zeigen.
Sicher ist, der Aufsteiger aus Bad Mergentheim ist mit drei Punkten sehr ordentlich in die Meisterschaft gestartet. Bremen ist den eigenen Ansprüchen noch nicht gerecht geworden.
Der nächste Doppelspieltag:
30. November/1. Dezember in Deggendorf, Deizisau, Heimbach-Weis-Neuwied und Solingen.