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Das Gefühl einer deutschlandweiten Liga spüren

Über unseren Start in das Abenteuer Bundesliga berichten die Spieler David Höffer und Jakob Pfreundt

Nach langen Monaten der Vorbereitung durften wir am 21.10. endlich in unsere Erstligasaison starten. Nachdem wir im März die Saison in der 2. Liga als Aufsteiger sensationell als Dritter abgeschlossen hatten, verdichtete sich in der Folge das Gerücht, dass Meister Rüdersdorf nicht aufsteigen wird. Vize Hamburger SK II war nicht aufstiegsberechtigt, wie sich Ende April beim letzten Bundesliga-Spieltag durch den knappen Klassenerhalt des HSK herausstellte. So konnten wir tatsächlich die durchaus umfänglichen Planungen beginnen. Das Budget kalkulieren, Heimspielorte sichern, einheitliche Mannschaftskleidung bestellen, zu SBL-Versammlungen fahren, Zuständigkeiten verteilen und, und, und. Nicht zuletzt natürlich auch noch die Suche nach Sponsorengeldern (fündig wurden wir bei der Lotto Sportstiftung und der SBR-net Consulting AG), denn auch wenn wir wohl der einzige Verein der SBL sind, bei dem kein Spieler Honorar erhält, fallen vor allem für die Reisen und Übernachtungen einige Kosten an.

Das Lächeln ist den Hannoveranern noch lange nicht vergangen. | via HSK Lister Turm

Und das nicht zu knapp, denn beim Spielplan hatten wir eher Pech: Durch den lange unklaren Klassenerhalt von Kirchweyhe am Grünen Tisch verfügt die Landkarte der SBL über zwei Teams aus Bremen und umzu, aber durch den daraus resultierenden Abstieg der SF Berlin herrscht im Osten bis auf Dresden große Leere. Der nächstgelegene Verein von Dresden aus sind tatsächlich wir, trotz eines Abstands von 310km Luftlinie zwischen den beiden Städten. Einige andere Vereine wären zwar nicht viel weiter weg (München z.B. ca. 360km), aber in allen anderen Ecken Deutschlands blieb bei der Reisepartnervergabe niemand übrig, so dass wir folgerichtig zum „Reisepartner“ des USV TU Dresden auserkoren wurden.

Für die meisten Vereine hat die Reisepartnerschaft ohnehin keine große Bewandtnis mehr, in Zeiten von recht geringem Regionalbezug in den meisten Kadern. Ausgerechnet für uns ist es aber eben doch ein Unterschied, ob wir unsere zwei „Halb-Heimspiele“, als die die Wochenenden beim Reisepartner ja gedacht sind, in Dresden oder z.B. in Bremen haben. Wie gesagt, einfach Pech für organisatorischen und finanziellen Aufwand, aber auf der anderen Seite werden wir so natürlich deutlich mehr das Gefühl der deutschlandweiten Liga spüren, was schließlich unser aller Ziel in dieser Saison ist. Denn, das wurde in allen Vorberichten richtig erwähnt: Sportliche Ziele haben wir nur ganz kleine, der Klassenerhalt ist offensichtlich kein Thema, selbst Vorletzter zu werden, bedürfte wohl einer ganzen Reihe von passenden Ergebnissen. Doch vielleicht schafft ja der ein oder andere eine Norm oder ein beeindruckendes Einzelergebnis und an guten Tagen ist ja eventuell doch mal irgendwo ein Mannschaftspunkt drin?

Und damit wären wir beim Schachlichen, denn das erste Wochenende in Kirchweyhe fühlte sich für uns Norddeutsche zwar noch nicht ganz nach der großen weiten Bundesliga-Welt an (vor zweieinhalb Jahren entschied Kirchweyhe noch in einem Herzschlagfinale den Oberliga-Aufstiegskampf gegen uns für sich) und war nicht auch der Auftakt der letzten Saison gegen Werder (zwei) gewesen? Doch sobald dann Anthony dem langjährigen Carlsen-Sekundanten Laurent Fressinet gegenübersitzt, Jakob es mit World-Cup-2021-Star Velimir Ivic zu tun hat und Markus gegen (Lucas) van Foreest spielt, fühlt man sich doch schnell angekommen in der Bundesliga. An letzterem Brett stand es nach nicht einmal zwei Bundesligaminuten so:

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Völlig zurecht hatte ich das noch nie gesehen, da 4…h5 eine Neuerung ist (4…h6 oder Lg7 wurden schon gespielt, denn 3…g5!? gibt es von verschiedenen Größen der Szene wie Navara, Bartel, Morozevich oder Xiong). Übrigens eine nette Parallele zu meinem ersten Jugend-Bundesligamatch im Jahre 2003, als Markus es ebenfalls mit Weiß nach vier Zügen mit einer sehr ungewöhnlichen Stellung zu tun hatte – damals mit mir für Delmenhorst gegen die Hannoveraner, namentlich Ilja.

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Kreative Eröffnungsbehandlung in Lammers - Schneider Hannover 2003

Im Gegensatz zu diesem 20 Jahre zurückliegenden Ereignis schaffte es Markus diesmal aber zunächst, Kapital aus der provokativen Eröffnungswahl zu schlagen. In den Folgezügen gelang es ihm aber nicht, diesen Vorteil zu verdichten und schon kurz darauf wendete sich der Trend leider gegen den Weißen (alle Partien gibt es zum Nachspielen auf www.schachbundesliga.de).

Auch wenn van Foreest ebenfalls genauer hätte spielen können, liegt der Reiz einer solchen Offbeat-Eröffnung für den Favoriten sicherlich darin, dass der Gegner zwar mehrere Chancen hat, aber sehr genau spielen muss, um einen Vorteil festzuhalten. Diese Chancen sind also irgendwie eingepreist, keine davon hätte zum sicheren Erfolg geführt und es wäre immer noch ein langer Weg in einer komplexen Stellung zu beschreiten gewesen.

Nicht ganz nach der großen weiten Schachwelt fühlte sich meine Partie an, da ich auf Nikolas Wachinger traf, dessen Elternhaus ungefähr 500m von meiner Wohnung entfernt steht und mit dem ich es schon unzählige Male auf Bremer Ebene zu tun hatte. Auf dem Brett war die Partie trotz der weißen Steine eine ziemlich einseitige Entwicklung in die falsche Richtung. Vielleicht hätte ich an dieser Stelle meinem Instinkt folgen sollen, mittels 14.c4!? nach weiteren Verwicklungen zu streben (auch wenn objektiv Schwarz trotzdem besser steht).

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Nach 14.f4?! spielte er c4, was den schwarzen Figuren viele Felder gibt, eine hübsche Analogie zu meiner Partie vom Folgetag, als ich (deutlich eindeutiger) c4 verpasste und es dadurch dem Gegner ermöglichte (siehe weiter unten).

Der erwähnte Ilja fehlte uns leider grippebedingt, so dass ein Großteil unserer Bundesliga-Erfahrung nicht am Start war. Um zumindest in puncto Prominenz nicht zu große Abstriche machen zu müssen, rückte für unseren früheren ZEIT-Online-Autor mit Sreyas ein Spieler ins Team, über den es immerhin schon einmal einen ausführlichen Artikel in der Print-Ausgabe des SPIEGEL gab. Der tat an beiden Tagen das, was man von einem unerschrockenen Jugendlichen erwarten würde: Er versuchte unter Opfer von Figur (Samstag) oder Qualität (Sonntag) einen Königsangriff zu initiieren, was leider an beiden Tagen nicht funktionierte, an beiden Tagen aber noch Remischancen bot.

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Eigentlich steht Weiß schon komplett auf Gewinn, doch Sreyas bekommt hier noch eine Chance, die aber sehr schwer zu sehen ist. Statt seines 37…De7, wonach er nach 38.Ta8 aufgab, hätte zunächst 37…f3!! zu Ausgleich geführt, weil der weiße Turm abgelenkt wird und danach der geplanten Doppelangriff mit De7 auf d7 und e2 nicht mehr widerlegt werden kann. Sreyas' erfolgreichere Partie am Sonntag folgt am Ende des Berichts. 

An den unteren vier Brettern fehlt noch die Partie von Jan, die ziemlich in Fahrt kam, als der australische GM Bobby Sky Cheng einen nicht funktionierenden Zwischenzug einstreute:

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Ich sah diesen Moment von der Seite und fragte mich noch, ob es einfach besonders professionell sei, auch an so einer Stelle nicht sofort zurückzuschlagen, sondern erst zu überlegen. Und tatsächlich folgte mit 14.Sc4? ein Zwischenzug, der aber vermutlich übersah, dass der schwarze Läufer sich mit Schach dem Angriff entziehen kann! So hatte Jan, mit seinen erst 18 Jahren immer eine unserer größten Hoffnungen auf eine Überraschung, plötzlich einen Mehrbauern und ging in der Folge aufs Ganze, indem er den Lg6 nicht vor den anstürmenden Bauern rettete, dafür weitere am Damenflügel einsammelte und somit in der Zeitnotphase unklare Stellungen wie diese auf dem Brett hatte:

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Schwarz hat gleich vier Bauern für die Figur, allerdings sind diese durch die Verdopplungen nicht sehr mobil, dazu verfügt Weiß noch über das Läuferpaar. Sicherlich sind alle drei Ergebnisse möglich, letztlich setzte sich aber auch hier die größere Spielstärke durch. 

Hinten also alles verloren und vorne saßen bei den Bremern die echten Schwergewichte. Doch unsere vordere Riege schlug sich deutlich besser und sollte gleich drei Remis erzielen! Das unaufgeregteste davon stammte von Dennes, der seine ganze Bundesliga-Erfahrung ausspielte und gegen Alexander Areshchenko gezielt Figuren tauschte und im 21. Zug Remis bot (vorher darf man nicht). 

Stefan durfte gegen den zweiten Ukrainer in Bremer Reihen ran, Zahar Efimenko, seines Zeichens ein ehemaliger 2700er, so dass die Partie für Stefan ein besonderes Ereignis war, obwohl er auch er schon zu unseren Bundesliga-erfahrenen Spielern gehört, damals für Griesheim aber weiter hinten. Dank einer nicht sehr ambitionierten Eröffnungsbehandlung Efimenkos kam Stefan mit Schwarz gut raus, hatte im Mittelspiel Läufer- gegen Springerpaar:

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Hier könnte die schwarze Dame auf Fischzug gehen, die Engine gibt daraufhin eine Variante, in der nach dem 35. Zug von Weiß nur noch die Damen und 3v3 am Königsflügel auf dem Brett sind (den Weg dorthin überlasse ich den Leser*innen). Nach 24…Df7 25.d4 exd4 26.cxd4 Lc8 hätte Efimenko den Druck vermutlich noch aufrechterhalten können, tauschte aber mittels 27.Dxd5 in ein Endspiel ab, das Stefan noch einige Präzision abverlangte, letztlich aber mit einem verdienten und sehr erfreulichen Remis endete.

Ein kleiner Autorenwechsel für die verbleibenden Partien der ersten Runde möge den Lesefluss hoffentlich nicht zu sehr stören. Machen wir mit meiner eigenen Partie weiter – in meinem BL-Debüt hatte ich an Brett 1 mit GM Velimir Ivic zu kämpfen, und bereits in der Eröffnung zeigte sich, dass ich mich definitiv noch an das ungewohnt hohe Level gewöhnen muss, da ich sowohl zu langsam, als auch zu schlecht gespielt habe, was keine günstige Kombination ist.

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Bereits nach der Eröffnung hätte mein Gegner nach meinem unvorsichtigem 11.Ld3? einen großen Vorteil mit dem überraschenden taktischen Schlag 11. …Se3! sichern können – ein Motiv, das uns offenbar beiden nicht in den Sinn gekommen ist.

Aber auch in der Partiefortsetzung fühlte ich mich nicht wohl in der Stellung – mein Gegner holte sich das Läuferpaar und ich hatte früh das Gefühl, um Ausgleich kämpfen zu müssen.

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Hier hätte ich noch ein nettes taktisches Mittel nutzen können, um die schwarze Koordination nachhaltig zu stören bzw. sogar meinem Gegner das Läuferpaar abzuknöpfen: 17.Sd6! nutzt, dass 17. …Lxd6 18.g3! die Deckung des Läufers durch die Dame kappt, wonach Weiß alle seine Probleme löst und laut Engine sogar minimal besser steht. 

In der Partie gab es noch 1-2 weitere Chancen, im Spiel zu bleiben, aber irgendwann setzten sich dann doch das Läuferpaar und die Spielstärke meines Gegners durch.

Am zweiten Brett entfaltete sich ein komplizierter katalanischer Kampf, in dem Anthony mit Schwarz von GM Laurent Fressinet ordentlich unter Druck gesetzt wurde. Zwischendurch sah es sehr grenzwertig aus, mir als Brettnachbar war nie wirklich klar, wann die Stellung objektiv ausgeglichen und wann eher für Schwarz verloren, aber offenbar war die Verteidigung von Anthony zäh genug, um seinen illustren Gegner ins Schwitzen zu bringen.

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Wie so oft zeigt der Computer im Nachhinein wie man’s hätte machen können – hier verpasste Fressinet vielleicht die klarste Gewinnidee: mit 39.Ke4! Txf4+ 40.Kd5 sprintet der weiße König in den Damenflügel und kann dort dabei helfen, die intendierte schwarze Blockade zu sprengen. Stattdessen entstand nach ein paar weiteren Zügen folgende Stellung:

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Zu diesem Zeitpunkt hatte Weiß endgültig seine Gewinnchancen verpasst. Die Blockade funktioniert hier einwandfrei und nach 41.Kg2 Tf8 gab es kein Weiterkommen. Auch 41.Kg4 Tf4+ erreicht ein typisches remises Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern. Ein starker halber Punkt für Anthony gegen den langjährigen Carlsen-WM-Match-Sekundanten!

Alles in allem also eine nicht unerwartete Niederlage gegen die klar bessere Bremer Mannschaft – drei halbe Punkte sind aber natürlich als Ausbeute durchaus begrüßenswert.


Das Aufeinandertreffen mit Kirchweyhe am Sonntag hätte im besten Fall zur Revanche für den verpassten Oberliga-Aufstieg 2021 werden sollen, doch die Gastgeber haben sich seitdem weiter verstärkt und das damalige 4:4 (das Kirchweyhe wegen der Brettpunkte reichte) war auch schon kein alltägliches Ergebnis. Trotzdem hatte ich während des Kampfes durchaus das Gefühl, dass wir bei optimalem Verlauf für etwas Spannung sorgen könnten, aber die niedrigere Elo zeigt sich meist eben insbesondere darin, dass in jeder Partie etwas weniger herauskommt, als irgendwann einmal möglich gewesen wäre. Für Spannung hätte ich selbst an Brett 7 jedenfalls meine überraschend angenehme Schwarzstellung nicht schnell verlieren sollen:

 Um all das zu finden, investierte GM Robert Zelcic über 40 Minuten, nachdem er zuvor noch bei der Startbedenkzeit gewesen war. Danach steht Weiß auf Gewinn und ließ keine Chancen mehr zu.

Als nächstes entschiedenes Resultat verlor Jakob, der ich (Autorenwechsel mitten im Satz – warum nicht?!) mit Schwarz gegen GM Kadric eine scharfe Italienisch-Stellung anstrebte, in der mein Gegner aber einfach das bessere Stellungsgefühl bewies.

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Bis hierhin hatte ich vernünftige Züge gemacht, aber hier ist es wichtig, zu realisieren, wie gefährlich der weiße Zentrumshebel d3-d4 ist. Der richtige Zug, sich dagegen zu wehren, ist laut Engine 15. …Dc8! mit der Idee 16.d4 Td8! um auf der d-Linie gegenzuhalten. Nach beispielsweise 17.De2 Ld6 steht Schwarz passabel.

Stattdessen war für mich die Idee verlockend, mit einem gut getimten …b7-b5 gefolgt von …Sd5xb6 das weiße Läuferpaar zu spalten, was mich auf den Vorbereitungszug 15. …Sa7 brachte. Leider ist in der resultierenden Stellung nach 16.d4 b5 17.axb6 Sxb6 18.Sbd2! Sxa4 19.Txa4

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…die schlechtere Bauernstruktur deutlich schwerwiegender, während es mir an dynamischen Optionen mangelt, das Läuferpaar geltend zu machen. Tatsächlich stand ich hier nach meinem Evaluationsfehler schon sehr viel schlechter und mein Gegner hat mich ab hier nicht mehr zurück ins Spiel gelassen und das sauber nach Hause gebracht. 

Chancenreicher war Stefans Partie gegen Hrvoje Stevic: Gegen das solide Repertoire des Großmeisters wollte Stefan mit 1.e4 eine Überraschung auspacken, die ihm ein Mittelspiel einbrachte, das kurioserweise genau wie in seiner gestrigen Partie ein weißes Springer- gegen ein schwarzes Läuferpaar sah, diesmal aber mit Stefan auf der Springerseite:

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Stefan empfand das Mittelspiel, in dem beide Seiten schon viel manövriert haben, als durchaus aussichtsreich, auch wenn konkreter Vorteil an keiner Stelle nachzuweisen war. Ideen wie b4, c4, h4-h5, Sf3-h4-f5, Sf3-h2-g4 gaben Anlass zur Hoffnung, doch Stevic manövrierte umsichtig und nutzte das erste kleine taktische Übersehen in beginnender Zeitnot, um in Vorteil zu kommen: Nach 31.h4 Lc7 32.De3? bringen sowohl 32…f6! als auch das in der Partie gespielte 32….Dg4! Schwarz klar in Vorteil. 

Ein bitteres Ende fand auch die Partie Jovanovic – Lammers, in der Markus stundenlang ein typisches minimal schlechteres damenloses Mittelspiel erfolgreich verteidigte, nur um in dieser kritischen Endspielstellung die einzige Verteidigungsidee nicht zu realisieren:

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Wenn Weiß hier problemlos zu d4-d5-d6 kommt, gewinnt er die Partie, und so kam es auch: nach 70. …f4?? 71.d5+ Kd7 72.Lf5+ gefolgt von d5-d6 musste sich Markus bald geschlagen geben. Stattdessen erreicht 70. …Kd7! 71.Lxf5+ Ke7 72.d5 Lc7!

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…die Figurenkonstellation, die die Partie rettet: Weiß kommt hier einfach nicht zu d5-d6, ohne dass Schwarz seinen Läufer für beide verbleibenden weißen Bauern geben kann.

Auch Dennes, der eine streckenweise schwierige Stellung gegen GM Predojevic zu verwalten hatte, kämpfte lang.

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Hier hätte Predojevic vermutlich konsequent den Turmabtausch vermeiden sollen mit 33.Td5! – im Zweifel mit der simplen Begründung, dass der weiße Turm mehr Potential hat, im schwarzen Lager Schaden anzurichten – etwa aktiv eingesetzt auf der 7. Reihe – als der schwarze im weißen Lager. Stattdessen folgte 34.Ld5?! und wenig später der Turmtausch.

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Predojevic spielte also insgesamt etwas zu zahm und nutzte seine Chancen nicht – das ließ Dennes eine äußerst solide, festungsartige Stellung erreichen: nach 40. …f5 hat Weiß keinen Durchbruch, während die schwarzen Figuren sich wunderbar gegenseitig decken – außerdem war hier die Zeitkontrolle geschafft und Dennes ließ hier nichts mehr anbrennen – für ihn ein zweiter halber Punkt gegen einen zweiten starken Großmeister!

Am sechsten Brett stand Jan unter Druck, kreierte aber trotzdem noch einiges an Gegenspiel.

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Das war der Wendepunkt: Weiß muss hier das Zusammenspiel der gegnerischen Figuren stören mit 39.d7 oder 39.Ld2. Stattdessen hatte Schwarz nach 39.g4? Lxf1! 40.gxf5+ gxf5

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…plötzlich eine gewonnene Stellung. David und ich, die wir zu dem Zeitpunkt beide unsere Partien bereits maximal erfolglos beendet hatten und uns dem Kiebitzen widmen durften, hatten zu dem Zeitpunkt noch fälschlicherweise angenommen, dass 41.Dg8+ zu mindestens einem Dauerschach führt – bei näherer Betrachtung schafft es aber der schwarze König, sich am Damenflügel zu verstecken, und so kam es auch in der Partie. 

Die Alternative 41.Dxf1 resultiert in einem verlorenen Bauernendspiel: 41. …Lxf2+ 42.Kg2 De4+ 43.Kxf2 Dxf4+ -+

Bitter insofern, als dass Jan lange wirklich gut mit seinem großmeisterlichen Gegner mithielt bis kurz vor der Zeitkontrolle der entscheidende Fehler kam. Das zeigt aber auch, dass mehr drin ist bei Jan – viel fehlt definitiv nicht für ein zählbares Resultat!

Zu guter Letzt noch ein sehr erfreuliches Resultat: Sreyas schaffte es, sich gegen GM Zaja aus einem klar schlechteren – es wäre vermutlich nicht übertrieben zu sagen, verlorenen – Endspiel mit Minusqualität durch zähe Verteidigung einen halben Punkt zu erkämpfen.

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Die Eröffnung war bereits ungünstig verlaufen für Sreyas, der hier schon ernsthafte Probleme hat – er entschied sich dazu, mit 16.Lb2 Se3 17.Dh5 g6 18.Dh6 die Qualität aufzugeben und hoffte auf einen Königsangriff, der aber nicht so wirklich ins Rollen kam.

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Spätestens nach dem Damentausch hatten vermutlich die allermeisten Anwesenden die Partie als 0-1 abgestempelt, aber tatsächlich schaffte es Sreyas immer wieder praktische Probleme zu generieren, die sein großmeisterlicher Gegner letztlich nicht alle lösen konnte.

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Das scheint hier, nach 41.Kf4, der Moment zu sein, in dem GM Zaja seinen Vorteil aufgab – nach 41. …Kf8? 42.Th7! sind die weißen Figuren plötzlich ausreichend aktiv. Insbesondere der Turm macht ordentlich Druck auf die schwachen schwarzen Bauern am Königssflügel. Nach 42. …Te6 43.Txh6 Kg7 44.g5

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 … ist das Problem für Schwarz, dass einfach h4-h5 droht, und nichts wirklich dagegen unternommen werden kann. Die Stellung ist hier bereits ausgeglichen und nur wenige Züge später willigte Zaja ins Unentschieden ein. Ein bitteres Ergebnis für ihn, aber umso erfreulicher für Sreyas, der Zähigkeit und Kampfgeist unter Beweis gestellt hat und sich über einen halben Punkt gegen einen GM freuen darf.

Insgesamt also auch in der zweiten Paarung eine klare Niederlage, aber auch hier wieder erfreuliche Einzelergebnisse. Spieler des Wochenendes definitiv Dennes, der 50% gegen einen Elo-Schnitt von ca. 2600 holte.

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