Münchner Akademie zufrieden, die Bayern nicht
Die Münchner Schachakademie (MSA) Zugzwang hat zwar nach sechs Runden in der Schach-Bundesliga noch immer kein Match gewonnen. Dennoch zeigte sich Kapitän Gerald Hertneck mit dem Wochenende im Badischen zufrieden. Gegen Mitaufsteiger und Gastgeber SC Ötigheim gelang immerhin am Sonntag das vierte 4:4 der Saison. MSA liegt mit 4:8 Punkten auf Platz zehn und zwei Zähler vor den Abstiegsplätzen 13 bis 16.
Der „Abendschau“-Kameramann (von links) nimmt den deutschen Shootingstar Vincent Keymer und Bayern-Spieler Pouya Idani ins Visier. | Foto: Hartmut Metz
Noch höher als das Unentschieden gegen den Tabellenfünften Ötigheim bewertete Hertneck das 3:5 gegen die OSG Baden-Baden: „Wir haben sehr gut mitgehalten“, freute sich der Großmeister. Gegen den Rekordmeister verteidigten er und sein Kameraden an den vorderen Brettern sechs Remis. Nur auf den beiden letzten Positionen mussten Robert Zysk Bundesliga-Topscorer Arkadij Naiditsch, der schon wieder bei 4/4 steht, und Frank Zeller dem übermächtigen Sergej Mowsesjan gratulieren. Zeller rettete dafür das 4:4 gegen Ötigheim mit einem Sieg über Timothée Heinz.
Ausgerechnet Hertneck musste gegen Marco Riehle den Rückstand quittieren und verpasste so den ersten Saisonsieg seines Oktetts. Riehle feierte dabei seinen ersten Bundesliga-Sieg nach seinem unglücklichem Saisonstart. Wie der jüngste Ötigheimer den Live-Kommentatoren auf Youtube erzählte, baute Riehle eine erstaunliche Serie aus: „Gegen IMs und FMs verliere ich zwar komischerweise häufiger, aber gegen Großmeister habe ich nun meine überraschende Serie auf neun Partien ohne Niederlage ausgebaut.“
4:4 trennte sich auch der FC Bayern München von Ötigheim. Abteilungsleiter Jörg Wengler war dabei mit den acht Remis alles andere als zufrieden. Valentin Dragnev und Linus Johansson standen klar auf Gewinn, versemmelten aber gegen den Franzosen Christian Bauer und Riehle den Sieg. Dragnev gewann in besserer Stellung im Endspiel eine Qualität. Doch Bauer zauberte noch einen erstaunlichen Gegenangriff mit Turm, Läufer und Springer sowie dem eigenen König aufs Brett, sodass am Schluss der österreichische Großmeister um die Punkteteilung kämpfen musste. Wegen der drohenden Niederlage von Bauer spielte Riehle wacker auf Sieg in einem besseren Endspiel. Nach einem Fehler befand sich jedoch Johansson auf der Siegerstraße. Er misshandelte allerdings das relativ einfach zu spielende Endspiel schwer, weshalb Riehle das dann doch ausreichende Remis zum 4:4 rettete.
So steht der FC Bayern, der ohne Trauerflor für die verstorbene Vereinsikone Franz Beckenbauer spielte, mit 7:5 Punkten hinter Ötigheim (8:4) nur auf Rang sechs. Der Gastgeber war mit der Ausbeute zufrieden und wähnt sich auf dem Weg zum sicheren Klassenerhalt. Gänzlich chancenlos blieben die Münchner am Sonntag gegen Baden-Baden. Das Team aus der Kurstadt, das gerne als der „FC Bayern des Schachsports“ bezeichnet wird, überrollte den wahren FC Bayern mit 6,5:1,5. Nur Niclas Huschenbeth, Alvaro Alonso Rosell und Pouya Idani hielten dem Druck der gegnerischen Weltklasse-Großmeister stand und remisierten. Der Iraner Idani befand sich dabei mit im Zentrum der Aufmerksamkeit, spielte er doch gegen den deutschen Shootingstar Vincent Keymer.
Der Junioren-Weltranglistenerste zog die „Abendschau“ des dritten Landes-Programms im Zusammenspiel mit dem Ötigheimer Bundesliga-Heimdebüt an. Nach der Partie stand der Weltranglistenzwölfte dem Sender SWR für ein kurzes Interview zur Verfügung. Gegen den sich umsichtig verteidigenden Idani versuchte Keymer mit Schwarz alles – aber es reichte nicht für einen Sieg. Mit zwei Erfolgen über Idani und David Shengelia wäre Keymer in der Live-Elo-Weltrangliste seinem Vereinskameraden Viswanathan Anand auf die Pelle gerückt. Zudem wären die Top Ten bei einem weiteren Sieg des Pfälzers in Reichweite gerückt. Mit einem Minus von fünf Elo fiel Keymer aber auf Platz 15 mit 2738 Elo (Stand 15. Januar) zurück. Der 19-Jährige dürfte das aber vermutlich bald wettmachen. Auch wegen des Gastspiels des Fernsehsenders, der sich sonst nicht einmal für den nur einen Kilometer entfernt residierenden Serienmeister OSG Baden-Baden interessiert, war Ötigheims Macher und Vereinsboss Marcus Wormuth mit der positiven Resonanz auf die Bundesliga-Heimpremiere sehr zufrieden.
Live-Übertragung auf Youtube
Die Partie-Analysen einiger Spieler wie Maxime Vachier-Lagrave sowie der Moderatoren in Ötigheim können unter den folgenden Links noch angeschaut werden:
https://www.youtube.com/live/ofl4OLo9hUk?si=_dQRFJO-X-qY3mTO (samstags)
https://www.youtube.com/live/NLYmKXSaz3o?si=v-H5tXjai1ialmBa (sonntags)