Viernheim schlägt Baden-Baden, München 36 steigt ab (14. Spieltag)
Zumindest theoretisch hat sich der SC Viernheim dank eines 5,5:2,5-Sieges über Baden-Baden die Chance auf den Meistertitel erhalten. Praktisch wird am Sonntag Aufsteiger SC Remagen gegen die Badener gewinnen müssen, um dem Grenke-Team die Titelverteidigung zu vereiteln. Ein Punkt reicht den Badenern für Platz eins.
Am Tabellenende ist eine weitere Entscheidung gefallen: Der Münchener SC 1836 wird die Liga verlassen. Nach einer 3,5:4,5-Niederlage gegen die SF Deizisau sind die Bayern nicht mehr zu retten. Wer den vierten Abstiegsplatz belegt, ist offen. Sicher ist nur: Es wird ein Schachbundesliga-Traditionsverein sein, entweder die SF Berlin, der Hamburger SK oder der SV Mülheim Nord.
Der 14. und vorletzte Spieltag der Saison 2022/23:
Levon Aronian, Ilja Zaragatski und Shakhriyar Mamedyarov (v.l.) bei der Nachbesprechung vor Live- und Online-Publikum. | Foto: Oliver Faulhaber
Wären doch die Viernheimer öfter in dieser Aufstellung angetreten, dieses hätte ihr Meisterstück sein können. So war es ein Prestigeerfolg, der immerhin die theoretische Chance auf den Meistertitel erhält. Gleichwohl: Trotz der Niederlage reicht Titelverteidiger OSG Baden-Baden am Sonntag ein Punkt gegen Remagen, um nach 15 Spieltagen abermals den Pott in die Höhe recken zu können.
In einem lange ausgeglichenen Match mit eher technischen Partien lagen die Viernheimer Hoffnungen auf Anton Korobov, der sich gegen Michael Adams etwas Druck erarbeitet hatte, sowie auf Dennis Wagner, der gegen Alexander Donchenko einen Mehrbauern verwaltete.
Tatsächlich gewannen beide. Am Ende gesellte sich noch Bassem Amin zu diesem Siegerduo, nachdem dem bis dahin ohne Niederlage mit 8/9 durch die Liga spazierenden Arkadij Naiditsch das Endspiel entglitten war.
Aufsteiger SC Remagen hat sich mit dem Sieg über den bereits abgestiegenen Mitaufsteiger TSV Schönaich den Klassenerhalt endgültig gesichert. Vor diesem Sieg standen beiderseits einige Aufs und Abs, die sich stellvertretend am Durcheinander ablesen lassen, dass am ersten Brett die Schachfreunde Ivanisevic und Plat produzierten.
Nachdem sich am siebten Brett Ante Saric aus schwieriger Lage gerettet hatte, war Schönaich ganz nahe dran, zumindest einen Punkt mitzunehmen. Es musste nur noch am vierten Brett Jaroslaw Krassowizkij sein gewonnenes Turmendspiel gewinnen. Dann passierte dieses:
Mit einem Sieg auf Bestellung hielten die Berliner die Hoffnung auf den Klassenerhalt intakt. Zwar hatte am ersten Brett Jorden van Foreest Solingen schnell in Front gebracht, aber wenig später glich Jacek Tomczak am dritten für Berlin aus. Während alle anderen Partien remis endeten, gelang es Felix Blohberger, den entscheidenden Punkt für die Hauptstädter zu machen.
Die Schachfreunde Berlin verweilen trotz des Sieges auf einem Abstiegsplatz, haben es aber am Sonntag gegen Mülheim in der Hand, mit einem weiteren Sieg die Klasse zu halten.
Nach einer Serie von schlechten Ergebnissen stand die Mannschaft des SV Mülheim-Nord gegen Dresden unter Zugzwang. Trotz eines schnellen Sieges von Michael Feygin am achten Brett sah es zunächst eher düster aus, kämpften doch speziell Thomas Beerdsen und Patrick Zelbel auf fast verlorenem Posten. Speziell Zelbels Partie gegen Paul Hofmann, die sich binnen weniger Züge komplett drehte, sollte eine der zentralen dieses Wettkamps sein.
Rechnerisch gerettet sind die Mülheimer trotz nun zwölf Mannschaftspunkten nicht. Um sicherzugehen, sollten sie das Match am Sonntag gegen Berlin nicht verlieren.
Die nach einer zwischenzeitlichen Schwächephase sogar in die Abstiegsregion gerutschten Bremer scheinen die Saison stark abschließen zu wollen. Für beide Nordlicher ging es nicht mehr um viel. Dass nur die Gäste aus Bremen für zwei Punkte infrage kamen, zeichnete sich schon nach dem ersten vollen Punkt ab. Als Lucas van Foreest gewann, Zwischenstand 2,5:1,5 für Bremen, zeichneten sich schon weitere Siege von Jari Reuker und Zbynek Hracek für die Wesermannschaft ab.
Zu wenig aus Hamburger Sicht. Mit einer schweren Aufgabe gegen Bremen vor der Brust, droht dem Bundesligadino nun tatsächlich der Abstieg. Dabei fing es so gut an. Erst hatte Kirchweyhe-Chef Peter Orantek per Lokalpresse verkündet, dass seine Mannschaft derart ersatzgeschwächt antreten müsse, dass er womöglich selbst spielt. Dann liefen zwar trotzdem acht Großmeister für Kirchweyhe auf, aber deren besten, Velimir Ivic, nahm am Spitzenbrett Hamburgs Nils Grandelius sehenswert aus dem Ring.
Nur sollte dies der einzige Sieg für Hamburg bleiben, ein Sieg, den Aleksandar Kovacevic auszugleichen vermochte, nachdem Sune Berg Hansen im Turmendspiel eine kapitale Fehleinschätzung unterlaufen war. Die Hamburger werden am Sonntag gegen Bremen mit einem Auge bei der Berliner Konkurrenz sein. Siegt Berlin über Mülheim, muss auch Hamburg über Bremen siegen. In diesem Fall würde der Abstiegskelch nach Mülheim gehen.
Eine unglücklich gelaufene Saison endet für den ältesten Sportverein Bayerns ebenso – mit dem Abstieg. Und das, nachdem Ivan Saric die Bundesligatauglichkeit der Münchener speziell an den oberen Brettern sehenswert nachgewiesen hatte. Wie der Europameister von 2018 am zweiten Brett den einstigen WM-Finalisten Gata Kamsky überspielte, nachdem er auf h6 einen Rammbock eingepflanzt hatte, war gleichermaßen instruktiv und sehenswert. Allerdings war es nicht minder überzeugend, wie ein Brett weiter Deizisaus Dmitrij Kollars Aleksandar Indjic auseinanderschraubte.
Anlass zum Lamentieren in Konjunktiven haben die Münchner. Wäre es ideal gelaufen, hätte auch der notwendige Sieg, um die Hoffnung zu erhalten, herausspringen können. Aber dann hätten eben William Watson und Sasa Martinovic jeweils ihren Vorteil verwerten müssen.
Der FC Bayern München hat sich vorzeitig zum Klassenerhalt gewackelt. Mit nun zwölf Mannschaftspunkten wird dank der guten Brettpunktbilanz nichts anbrennen. Am Ende wird entweder Mülheim oder Berlin hinter den Bayern stehen.
Der eingeplante Pflichtsieg gegen den bereits abgestiegenen SV Deggendorf gestaltete sich allerdings als Zitterpartie. Deggendorf führte 2:1 dank eines Endspielsieges von Miroslav Mijlkovic, zudem hatte sich am Spitzenbrett Bayerns Parham Maghsoodloo trotz eines 250-Elo-Übergewichts erhebliche Probleme eingehandelt. Zwar schienen sich auf Münchner Seite Niclas Huschenbeth und Valentin Dragnev gute Gewinnchancen herausgespielt zu haben, aber lange stand der Kampf eher auf 4:4. Dass am Ende Maghsoodloo nicht verlor, während die gewonnenen Partien gewonnen wurden, stellte sicher, dass der FC Bayern auch 2023/24 Erstligist sein wird.