Direkt zum Inhalt

Die Tücke von Remagen

Der Schachclub Viernheim hat am vorletzten Wochenende der laufenden Saison in Remagen gegen die starken Teams aus Hamburg und Kiel drei umkämpfte Punkte geholt: ein 4:4-Unentschieden, ein 4,5:3,5-Sieg. Die Südhessen bleiben erster Verfolger der OSG Baden-Baden, die ihrerseits weiterhin ungeschlagen und auf dem Weg zu erneuten Titelverteidigung als deutscher Meister ist. Das direkte und prestigeträchtige Duell dieser beiden Spitzenteams Ende April in Viernheim wird voraussichtlich der sportliche Höhepunkt in der 1. Schach-Bundesliga 2022/2023.

Während zwei Viernheimer noch in tückischen Endspielen um den Partie- und Mannschaftssieg kämpften (siehe weiter unten), debattierte der Rest des Viernheimer Oktetts das bisherige Geschehen im Analyseraum. | Foto: Stefan Spiegel/SC Viernheim

Der Schachclub Viernheim setzte auch bei der Doppelrunde in Remagen seine lang geplante und seit Saisonbeginn konsequent betriebene Rotationspolitik des Spielerkaders fort. Dabei ließen sich die Südhessen auch nicht davon irritieren, dass manche Beobachter und Kommentatoren dem Verein schon für diese Saison höhere Ziele zuschrieben, obwohl die tatsächlichen Aufstellungen für fachkundige Betrachter diesbezüglich eigentlich keine Zweifel zuließen.

Konsequenterweise traten die Viernheimer auch in Remagen mit einer Mannschaft an, die nominell ungefähr auf Augenhöhe mit den Teams aus Hamburg und Kiel war. Die organisatorischen Vorbereitungen waren entspannt, da man die Lokalitäten (Hotel, Restaurants, Anreise) der von den Gastebern erneut vorbildlich ausgerichteten Doppelrunde schon von einem Besuch im Februar kannte.

Am Samstagnachmittag ging es zunächst gegen den Hamburger SK, der zwar ein Bundesliga-Urgestein ist, sich nach überraschenden Niederlagen in der laufenden Saison aber unerwartet in Abstiegsgefahr sah. Entsprechend stark aufgestellt und motiviert gingen die Hanseaten in diesen Wettkampf, und die Südhessen mussten sich auf einen knappen und engen Wettkampf einstellen. Nach spannendem Verlauf und einigen verpassten Chancen auf beiden Seiten endeten 6 der Partien dann in einem Remis.

Für Hamburg konnte GM Frederik Svane gegen Viernheims GM Arik Braun den einzigen vollen Punkt einfahren, nachdem Frederik erst kurz vor diesem Wochenende mit seiner Wertungszahl zum ersten Mal die Elo-Grenze von 2.600 erreicht hatte. Und für die Viernheimer bliebt es dann GM Georg Meier vorbehalten, seine positionelle Druckstellung schrittweise zu einem gewonnenen Endspiel auszubauen und den sportlich gerechten Endstand von 4,0:4,0 sicherzustellen. Für den Schachclub Viernheim an den unentschiedenen Brettern im Einsatz waren die GMs Yuriy Kryvoruchko, Sergey Fedorchuk, Dennis Wagner, Rainer Buhmann, Ilja Zaragatski und Thal Abergel.

Am Sonntagmorgen stand für den Schachclub Viernheim dann das Match gegen das ebenfalls starke Team von SK Doppelbauer Turm Kiel an, die sich auf einem sicheren Platz im Mittelfeld befinden. In diesem Wettkampf zeichnet sich nach der Eröffnungsphase ab, dass GM Thal Abergel bei seinem Angriff unter Figurenopfer wohl zu optimistisch war, während GM Arik Braun in komplexer Stellung etwas den Faden verloren hatte und noch einen schweren Weg zu einem Remis vor sich hatte. Gleichzeitig waren die Stellungen von GM Georg Meier (filigranes Endspiel) und Rainer Buhmann (verwickeltes Mittelspiel) aber durchaus aussichtsreich.

Mit Erreichen der Zeitkontrolle hatte Thal dann aufgeben müssen, und Rainer seinerseits die Angriffsversuche seines Gegners erfolgreich neutralisieren und den vollen Punkt verbuchen können. Und auch Arik hatte sich erfolgreich befreien können und seine Partie endete mit einem Remis durch Zugwiederholung. Die Partien der Viernheimer GMs Yuriy Kryvoruchko, Dennis Wagner und Ilja Zaragatski endeten mit unspektakulären Remisen, so dass ein Zwischenstand von 3,0:3,0 erreicht war.

GM Sergey Fedorchuk hatte seine optisch gut aussehende Stellung nicht weiter verstärken können, und fand sich nach der Zeitnotphase sogar in einem Turmendspiel mit Minus-Bauer wieder - welches auf Großmeister-Niveau aber ein relativ sicheres Remis garantieren sollte. Sein Gegner versuchte es mit Rücksicht auf den Wettkampfstand noch bis zum 83. Zug, ohne an dem erwarteten friedlichen Partieende etwas ändern zu können. Es lag danach erneut an GM Georg Meier in der ebenso wie schon am Samstag letzten Partie des Viernheimer Wettkampfes, das Match zu entscheiden. Und in einem technisch äußerst anspruchsvollen Endspiel gelang es ihm dann auch, den vollen Punkt zum 4,5,:3,5-Sieg für Viernheim sicherzustellen.

g
Die spannende Endphase mit den Endspielen von Georg Meier und Sergey Fedorchuk | Foto: Stefan Spiegel/SC Viernheim

In der Tabelle der 1. Schach-Bundesliga steht der Schachclub Viernheim damit unverändert auf Platz 2 hinter dem dominierenden Team der OSG Baden-Baden, das angesichts eines 3-Punkte-Vorsprungs und bärenstarken Spielerkaders wohl nur noch theoretisch von der Titelverteidigung und einem erneuten Gewinn der deutschen Meisterschaft abgebracht werden kann.

Trotzdem wird das direkte Kräftemessen der beiden Mannschaften am Samstag, 29. April, in Viernheim (Aula der Albertus-Magnus-Schule, ab 14 Uhr) mit großer Spannung erwartet. Es kann davon ausgegangen werden, dass beide Teams diesen prestigeträchtigen Wettkampf ungeachtet der Tabellensituation und der jeweiligen Saisonplanung mit vielen ihrer Topspieler bestreiten werden, sodass es ein in Viernheim bisher noch nicht zu sehendes Stelldichein zahlreicher Weltklassespieler geben wird.

 d

Weitere Artikel