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Unglücksrabe Eljanow - Bericht aus München

Der Münchener SC 1836 hat sich dem Gedanken „angenähert“, dass er aus der Schach-Bundesliga absteigt. „Das Wochenende ist komplett fehlgelaufen“, ordnet MSC-Chef Michael Reiß die zwei Niederlagen ein. Auf ein 3,5:4,5 im Kellerduell mit dem SK Kirchweyhe folgte ein 3:5 gegen Werder Bremen. Während sich die Hanseaten mit 14:12 Punkten vorzeitig den Klassenerhalt sicherten, verschaffte sich Aufsteiger Kirchweyhe (11:15) zumindest etwas Luft. Der MSC 1836 (8:18) rutschte dagegen auf den 14. Platz in der 16er-Liga ab, in der ein Viertel der Teams absteigt. Unglücksrabe war ausgerechnet Spitzenspieler Pawel Eljanow.

Kämpfte auf Biegen und Brechen für die Mannschaft - und wurde dafür zweimal mit einer Null bestraft: Pavel Eljanow. | Foto: Thomas Müller/Tegernseer Tal Tourismus

Der Ukrainer kämpfte auf Biegen und Brechen, weil seine Mannschaft schlecht stand – und manövrierte sich so gegen Velimir Ivic und Kirill Schewtschenko in den Verlust. „Dass Leonardo Costa so zäh verteidigt, damit hatten wir nicht gerechnet“, spendete Reiß ein Sonderlob für den Sieg über Aleksandar Kovacevic.

Eljanow sucht sich nun in Deutschland eine Wohnung, um dem Krieg in seinem Heimatland zu entfliehen. Im Match gegen Kirchweyhe vermisste der MSC 1836 am Samstag schmerzlich Ivan Saric. Der Topscorer hatte noch in der Slowakei im Oberhaus zu spielen, nahm aber anschließend die lange Fahrt nach Deggendorf auf sich, um den Tabellen-14. am Sonntag gegen Bremen zu verstärken. Reiß freute sich über den „super netten“ Einsatz des Kroaten, allerdings kam er gegen Alexander Areschchenko nicht über ein Remis hinaus. Der Sieg von Michael Prusikin über Tomi Nyback war bei drei Niederlagen zu wenig. „Wir bieten eben auch deutsche Spieler auf und sind deshalb an den hinteren Brettern zu schwach“, stellte Reiß fest. Alexander Ciolek unterlag dem Kirchweyher Großmeister Mladen Palac. Costa und Branko Tadic hatten gegen die Bremer Nikolas Wachinger und Jonathan Carlstedt das Nachsehen. Weil die Schachfreunde Berlin ähnlich verfahren mit dem Einsatz von einheimischen Akteuren, wünscht Reiß dem Tabellennachbar (9:17) den Klassenerhalt! „Es wäre schade um die Hauptstädter, da die auch stets tolle Events organisieren“, preist der MSC-Macher die engagierten Berliner.

Zuversicht beim FC Bayern

Besser lief das Wochenende für den Münchner Lokalrivalen: Die Schachspieler des FC Bayern landeten wie die Fußballer gegen Borussia Dortmund einen „Big Point“. Zwar verpasste es die FCB-Abteilung gegen den Tabellenvierten SG Solingen, „einen Punkt abzustauben“, wie Jörg Wengler das knappe 3,5:4,5 einordnete.

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Wie Solingens Markus Ragger gegen Münchens Jaime Santos Latasa den königsindischen Traum lebte.

Doch dafür deklassierte sein Oktett den neuen Tabellenzwölften SV Mülheim Nord mit 6,5:1,5. „So reparierten wir auch unsere Brettpunkte“, freute sich der Bayern-Abteilungsleiter über den Kantersieg, der sein Team vor die Mülheimer (beide 10:16) dank der 48,5 gegenüber 44 Brettpunkte katapultierte. „Wir rechneten uns gute Chancen aus, als wir am Samstag die Aufstellung der Mülheimer sahen“, gestand Wengler.

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Zwar war die Schachgesellschaft Solingen diesmal ohne Pentala Harikrishna (links, Foto aus der Vorsaison) angetreten, dennoch holte sie beide Punkte gegen den FC Bayern. Jaime Santos Latasa unterlag Markus Ragger sehenswert (siehe oben). Am Folgetag bekam der Spanier gegen Mülheims Patrick Zelbel am grünen Tisch den vollen Punkt zugesprochen. | Foto: FC Bayern München

Damit die Münchner an den ersten fünf Bretter durch Parham Maghsoodloo, Niclas Huschenbeth,  Miguel Santos Ruiz und Valentin Dragnev gewannen, bedurfte es allerdings der Schiedsrichter-Unterstützung: Patrick Zeibel remisierte an Brett zwei gegen Jaime Santos Latasa. Doch der Referee stellte hernach fest, dass der Mülheimer sein Laptop unter dem Spieltisch abgelegt hatte. „Auch wenn Zeibel garantiert nicht betrogen hat und das Laptop nicht nutzte, bedeutete es laut Reglement die Niederlage“, erläuterte Wengler die Entscheidung. Der Schach-Weltverband FIDE geht so rigoros gegen potenzielles elektronisches Doping vor. Selbst eine stinknormale Armbanduhr darf während der Partien nicht getragen werden. Das Laptop hätte folglich in dem Abstellraum platziert werden müssen, damit vier Unentschieden statt drei in die Wertung eingegangen wären.

Wengler gibt sich nach dem Sieg zuversichtlich, dass die Bayern am letzten Doppel-Spieltag Ende April in München gegen Absteiger SV Deggendorf (5:21) vorzeitig „der Klassenerhalt“ gelingt. Ansonsten droht zum Saisonabschluss eine innerstädtische Zitterpartie gegen Gastgeber MSC 1836.

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