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Die Bayernbesieger: Düsseldorf bricht den Bann

Mit jeder Niederlage steigt der Druck und sinkt das Selbstvertrauen. Die Düsseldorfer hatten ihre zunehmend missliche Lage in aller Offenheit diagnostiziert. Mit einer Niederlage in die Saison starten, okay, mit zweien, okay, aber mit acht? Punkte mussten her, dringend, aber dass das am achten Spieltag gegen die auf einer Erfolgswelle segelnden Bayern gelingen könnte, erschien unwahrscheinlich. Und doch gelang die Trendwende mit Hilfe von ein wenig Schlachtenglück und eines Ukrainers, der den entscheidenden Punkt einfuhr.

Die Zahl der Mannschaften mit null Punkten hat sich jetzt auf drei reduziert: Für Aachen, König Tegel Berlin und Dresden wird es knapp. An der Tabellenspitze derweil nichts Neues: Baden-Baden und Viernheim marschieren vorneweg, Solingen und Deizisau bleiben dran.

Ob Klaus Bischoff das Unheil für seine Roten kommen sah? Schwarz gewann, und der Düsseldorfer SK verlässt erstmals in der Saison die Abstiegsplätze. | Foto: Michael Reiß

BCA Augusburg – OSG Baden-Baden 1,5:6,5

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Georg Meier mit dem ersten Sieg des Spieltags legte vor, es folgten Jan Gustafsson, Rustam Kasimdzhanov und Sergej Movsesian. Beim Stande von 4:0 mussten sich die Baden-Badener nicht übermäßig darüber sorgen, dass ihnen gleich zwei Partien zu verloren gehen schienen.

Kurios, die Schlusstellung von Gustafsson-Zeller.
Kurios, die Schlusstellung von Gustafsson-Zeller.

Alexander Donchenko hatte gegen Leonardo Costa schon in der Eröffnung danebengegriffen und lief diesem Nachteil bis tief ins Endspiel hinterher. Augsburgs Bulgare Velislav Kukov hatte derweil Arkadij Naiditsch an der Angel. Und trotzdem gelang es den Augsburgern kaum, das Ergebnis erträglich zu gestalten. Auch in den beiden Partien, die die Gäste hätten gewinnen sollen, retteten sich die Baden-Badener.

Die OSG Baden-Baden spiele ja gar nicht mit Deutschen, heißt es. Dabei waren es zuletzt sogar stets vier: neben Georg Meier, dem ersten Sieger des achten Spieltags, Jan Gustafsson, Alexander Donchenko und Arkadij Naiditsch. | Foto: Angelika Valkova
Die OSG Baden-Baden spiele ja gar nicht mit Deutschen, heißt es. Dabei waren es zuletzt sogar stets vier: neben Georg Meier, dem ersten Sieger des achten Spieltags, Jan Gustafsson, Alexander Donchenko und Arkadij Naiditsch. | Foto: Angelika Valkova

USV TU Dresden – SF Deizisau 2,5:5,5

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Im Juli bei der Schacholympiade könnte es zu einem Wechsel am ersten Brett der Nationalmannschaft kommen. Vincent Keymer erscheint bereit für eine solche Aufgabe, nominell ist er längst die deutsche Nummer eins. Andererseits sitzt am ersten Brett traditionell jemand, der dort auch gegen stärkste Gegnerschaft zuverlässig Beton anzurühren versteht. Liviu Dieter Nisipeanu wird zurück ins Glied treten müssen, wenn Keymer die Nummer eins wird.

Am Sonntag in Deizisau saßen die beiden einander gegenüber, und Keymer bekam die Wand-Qualität des Routiniers zu spüren. Mit Weiß drückte der Youngster ein wenig, aber Nisipeanu hielt, führte die Partie in ein Turmendspiel 3 vs 4 an einem Flügel – und hielt auch das, indem er sich in ein für Weiß ungewinnbares Bauernendspiel rettete.

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Der ganze Kampf lief ähnlich wie nebenan der der Baden-Badener: Ruben-Gideon Köllner legte schnell vor, und Rustem Dautov sowie Andreas Heimann würden die Führung weiter ausbauen. Das zeichnete sich ab, sodass die anderen Deizisauer ohne Druck ihren Stiefel herunterspielen konnten, während die Dresdner sich früh auf eine Niederlage einstellen mussten.

Als sich dann offenbarte, dass sich Dautov und Heimann schwerer tun, als zu erwarten war (beide gewannen am Ende doch), war das weder schlimm für Deizisau noch ein Hoffnungsschimmer für Dresden. Für Hoffnung hätte es einer Partie mit Gewinnchancen für die Sachsen bedurft, und die war nicht zu sehen.

SK Doppelbauer Turm Kiel – Werder Bremen 5:3

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Wieder fuhren die Kieler ihre gewaltige Doppelspitze Esipenko/Niemann auf...

Andrey Esipenko (rechts) gegen Luke McShane. | Foto: SV Mülheim-Nord
Andrey Esipenko (rechts) gegen Luke McShane. | Foto: SV Mülheim-Nord

...und wieder bescherte ihnen unter anderem die Stärke ganz oben zwei Mannschaftspunkte.

Hans Moke Niemann (rechts) gegen Alexander Areshchenko. | Foto: SV Mülheim-Nord
Hans Moke Niemann (rechts) gegen Alexander Areshchenko. | Foto: SV Mülheim-Nord

Allerdings machten es die beiden diesmal andersherum: Niemann fuhr den vollen Punkt ein, Esipenko den halben.

Hamburger SK – SV Mülheim-Nord 4,5:3,5

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Matchwinner Luis Engel: Aus der Friedlichkeit an den anderen Brettern, auf denen sich die Kontrahenten unentschieden trennten, scherte der Hamburger Jungstar aus – und sicherte den Hanseaten einen schwer erkämpften Mannschaftssieg über die Gastgeber.

​ Schwarz hatte schon schweres Spiel, aber jetzt ist es aus: 36.b4! und Weiß gewinnt Material.Schwarz hatte schon schweres Spiel, aber jetzt ist es aus: 36.b4! und Weiß gewinnt Material. [Zum Verschieben anwählen und ziehen] ​
​Schwarz hatte schon schweres Spiel, aber jetzt ist es aus: 36.b4! und Weiß gewinnt Material.

FC Bayern München – Düsseldorfer SK 3,5:4,5

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Hier ein remis, dort noch eines, so ging es tröpfchenweise. Beim Stand von 2:2 schwante den im Lauf der Saison so oft knapp geschlagenen Düsseldorfern Böses, waren doch drei ihrer vier Weißpartien remis geworden.

Als es 2,5:2,5 stand, zeichnete sich ab, dass Andrej Volotikin am Spitzenbrett gegen Niclas Huschenbeth würde punkten müssen, um den Rheinländern zumindest einen Punkt zu bescheren, während die Frage war, ob sich die anderen beiden Partien halten lassen.

Die entscheidende Partie: Andreij Volotikin schlägt Niclas Huschenbeth. | Foto: FC Bayern München
Die entscheidende Partie: Andreij Volotikin schlägt Niclas Huschenbeth. | Foto: FC Bayern München

Aber dann lief es endlich einmal für Düsseldorf. Die unter Druck stehenden Michael Coenen und Ravi Haria hielten den Laden dicht, und Volotikin machte den ersehnten vollen Punkt, nachdem Huschenbeths Versuch, taktisch Gegenspiel zu bekommen, gescheitert war.

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Münchener SC 1836 – Aachener SV 6,5:1,5

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Diese zwei Punkte noch, dann hätte Aufsteiger München schon zur Saisonhalbzeit den Klassenerhalt mehr oder weniger sicher. Und es müsste ja mit dem Teufel zugehen, sollten den bayerischen Eloriesen die erforderlichen Punkte gegen Aachen nicht gelingen.

Hier kam Dominik Horvath vom rechten Weg ab. Nicht 27...gxf3, sondern 27...g3 war angezeigt, um die f-Linie geschlossen zu halten und die eigene Dominanz am anderen Flügel auszuspielen.
Hier kam Dominik Horvath vom rechten Weg ab. Nicht 27...gxf3, sondern 27...g3 war angezeigt, um die f-Linie geschlossen zu halten und die eigene Dominanz am anderen Flügel auszuspielen.

Am Ende holten die Münchner sogar mehr Brettpunkte, als ihnen zustanden. Der Grund dafür ist unter anderem eine erfolgreiche Schummelei von Dominik Horvath, der in fast aussichtsloser Lage ein Turmopfer anbrachte, das nicht funktionierte, dessen Widerlegung aber schwierig zu sehen war, zumal bei knapper Bedenkzeit.

34...Txg2 sollte nicht funktionieren, der Turm lässt sich nehmen.
34...Txg2 sollte nicht funktionieren, der Turm lässt sich nehmen. Um zu gewinnen, muss Weiß aber an dieser Stelle die Zugfolge 35.Kxg2 Dxc2+ 36.Lf2! Tg4+ 37.Kh3+- auffallen.

Eigentlich hatte das Turmopfer nur ein Rettungsanker für den halben Punkt sein sollen, aber es zeigte derart starke Wirkung, dass auf Seiten der Aachener zwei Züge später der zweite halbe Punkt umfiel und München sogar die Partie gewann, die hätte verloren gehen sollen.

Noch ein kritischer Moment: 25...Lg4 war eine Drohung, die Weiß nicht zulassen sollen.
Noch ein Kipppunkt: 25...Lg4 war eine Drohung, die Weiß hätte parieren sollen. Jetzt hat Weiß kaum etwas anderes als 26.Lxg4 hxg4, und es droht verdoppeltes Schwerfigurenunheil auf der h-Linie, unterstützt vom auf e5 einbetonierten Monster, das taktische Drohungen aussendet.

SF Berlin – SG Solingen 3:5

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Mehr noch als die Partien beschäftigte den Zuschauerchat auf chess24 die Frage, wer denn dieser 1700er am achten Brett der SF Berlin sei – und was der in der Bundesliga zu suchen habe.

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Nun, erst einmal stimmte das Rating auf chess24 nicht. Der 1700er ist längst ein 1800er, und die Tendenz der jüngeren Vergangenheit legt nahe, dass Leon Lucas Finn Carmesin noch stärker ist als seine 1879 Elo, mit der ihn die FIDE führt.

Leon Lucas Finn Carmesin war drauf und dran, einen 2400-IM zu besiegen. | Foto: Stefan Spiegel
Leon Lucas Finn Carmesin war drauf und dran, einen 2400-IM zu besiegen. | Foto: Stefan Spiegel

So oder so, nach seinem geschenkt-glücklichen Sieg am Vortag über Josefine Heinemann setzte Carmesin am Sonntag an, mit Jörg Wegerle einen veritablen 2400-IM zu überspielen. Allerdings ging am Ende doch den Bach runter, was überzeugend angefangen hatte. Allemal war der Beweis erbracht, dass die Berliner keinesfalls ihr achtes Brett abschenken wollten.

Ebensowenig wie den Mannschaftskampf gegen nominell klar favorisierte Solinger. Die Berliner Niederlage am Spitzenbrett von Marco Baldauf gegen die österreichische Nummer eins Markus Ragger machte Alexander Seyb mit einem Sieg über Jan Smeets wett. Der Niederländer wollte per Damenopfer und anschließender Hatz des Berliner Königs zaubern, musste aber feststellen, dass die Magie seiner Figuren limitiert war.

3:4 stand es, als Berlins Routinier Lars Thiede die Aufgabe oblag seine gewonnene, aber verwickelte Stellung gegen Florian Handke zu gewinnen.

Jetzt mit 48...Dd2 oder ...Dc1 eindringen, und Schwarz gewinnt. Stattdessen gewann, oje, Weiß.
Jetzt mit 48...Dd2 oder ...Dc1 eindringen, und Schwarz gewinnt. Stattdessen gewann, oje, Weiß.

Das Unterfangen misslang nicht nur, es ging vollständig schief, als die scharfe Partie erst in ein ausgeglichenes Endspiel mündete und dann Florian Handke Wege fand, dieses zu gewinnen.

SK König Tegel – SC Viernheim 1,5:6,5

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Nach dem 5:0 an den oberen Brettern, das die Viernheimer am Vortag verbucht hatten, sprang diesmal „nur“ ein 4,5:0,5 heraus. Robert Rabiega wollte nach seiner schnellen Schlappe vom Samstag gegen Anton Korobov möglichst wenig anbrennen lassen. Dieses Ansinnen führte zu einem Abtauschfranzosen, aus dem Korobov nach 24 Zügen per Remisangebot endgültig die Luft herausließ.

Viernheims Josefine Heinemann kann froh sein über den Respekt, den sie in der Liga genießt. Nachdem sie sich am Samstag auf dem Brett verzaubert hatte, geriet sie auch am Sonntag in Verlustgefahr. Aber Kristian Dimitrijewski auf Berliner Seite, der gegen Heinemann gut 150 Elo nach oben spielen musste, gab sich mit einem halben Punkt zufrieden, als die Stellung Versuche für mehr hergegeben hätte.

Nichts zu holen für den SK König Tegel gegen die weißen Westen aus Viernheim. | Foto: Stefan Spiegel
Nichts zu holen für den SK König Tegel gegen die weißen Westen aus Viernheim. | Foto: Stefan Spiegel

 

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