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Viernheims Dreifach-Sieg mit Livestream und einem Ehepaar an den Brettern

Am Ende eines langen Schachwochenendes vom 24.-26. Februar trägt der SC Viernheim nach drei Siegen unverändert eine weiße Weste. Das Bundesliga-Team der Südhessen bleibt damit direkter Verfolger des ebenfalls noch ungeschlagenen deutschen Serienmeisters und Titelverteidigers OSG Baden-Baden. Einige der Begegnungen im Bürgerhaus Viernheim waren an diesem Heimwochenende jedoch sehr umkämpft. Als einziger Bundesligist hat der SC Viernheim seine Kämpfe live Im Internet kommentiert. Und er hatte als einziger ein Ehepaar in seinen Reihen, ein sportlich erfolgreiches.

Arik Braun (Mitte) erklärt seine unerwartete Verlustpartie, gemeinsam mit Maximilian Meinhardt (links) und Ilja Zaragatski (Sonnenbrille); rechts unten das Live-Bild aus dem Spielsaal (Screenshot)

Die Wettkämpfe in der 1. Schachbundesliga begangenen am Freitagnachmittag mit dem Wettkampf des Schachclub Viernheim gegen das Team von SC Remagen-Sinzig. Die Südhessen war nominell etwas favorisiert und konnten sich am Ende recht sicher und ohne Verlustpartie mit 5,5:2,5 durchsetzen. Volle Punkte steuerten GM Anton Korobov, GM Arik Braun und GM Sebastien Maze bei, während GM Yuriy Kryvoruchko, GM Georg Meier, GM Dennis Wagner, GM Rainer Buhmann und IM Günther Beikert remisierten.

Begleitend dazu war es dem ausrichtenden Schachclub Viernheim gelungen, als einziger Verein in der gesamten Schachbundesliga einen Live-Kommentar im Internet zu organisieren und zu übertragen. Die launigen Anmerkungen von Viernheims GM Ilja Zaragatski und IM Maximilian Meinhardt, sowie deren Interviews mit Spielern nach den Partien, können weiterhin hier angesehen werden.

Der Spielsaal im Viernheimer Bürgerhaus, am Freitag noch ohne parallelen Wettkampf (Foto: Stefan Spiegel)
Der Spielsaal im Viernheimer Bürgerhaus, am Freitag noch ohne parallelen Wettkampf (Foto: Stefan Spiegel)

Am Samstag war es allen Beteiligten zunächst besonders wichtig darauf hinzuweisen, dass an gleicher Stelle im Viernheimer Bürgerhaus vor fast genau einem Jahr eine Resolution des Vereins gegen den kurz vorher ausgebrochenen Angriffskrieg von Putins Russland gegen die Ukraine verlesen wurde. Der 1. Vorsitzende und Bundesliga-Mannschaftsführer des Schachclub Viernheim, Stefan Martin, begrüßte daher zusammen mit dem Bürgermeister der Stadt Viernheim, Matthias Baaß, vor dem Beginn der Wettkämpfe die anwesenden ukrainischen Schachspieler besonders herzlich, und drückte auch die Gedanken und guten Wünsche des Vereins für in der ukrainischen Armee dienenden Schachfreunde aus.

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Bürgermeister Matthias Baaß (links) und Viernheims Mannschaftsführer Stefan Martin bei der Begrüßung am Samstag (Foto: Stefan Spiegel)

An den Brettern stand im sportlichen Teil dann das Match zwischen dem Schachclub Viernheim und dem etwas schwächer einzuschätzenden Team von SF Berlin an. Nach sicheren Remisen von GM Yuriy Kryvoruchko und GM Rainer Baumann mussten die Südhessen dann eine unerwartete Niederlage von GM Arik Braun verkraften, der sich nach kleineren Ungenauigkeiten nicht mehr aus der Umklammerung seines Gegners befreien konnte. Durch die Siege von GM Anton Korobov und GM Dennis Wagner, sowie einem Remis von GM Fabien Libiszewski, war dann aber ein wieder beruhigender Zwischenstand von 3,5:2,5 zu konstatieren. Und nach dem Erfolg von GM Sebastien Maze zum Wettkampfsieg blieb es IM Günther Beikert in der längsten Partie des Tages (105 Züge) vorbehalten, in dem schwierigen Endspiel Turm+Läufer gegen Turm doch noch den vollen Punkt einzufahren, kurz bevor ein technisches Remis erreicht worden wäre. Endstand somit ein insgesamt sicheres 5,5:2,5 für den Schachclub Viernheim gegen SF Berlin.

Und auch zu diesem Wettkampf gibt es eine online-Kommentierung von GM Ilja Zaragatski und IM Maximilian Meinhardt, die hier angesehen werden kann.

Im Parallelwettkampf am Samstag setzte sich USV TU Dresden etwas überraschend mit 4,5:3,5 gegen SC Remagen-Sinzig durch, womit die Viernheimer gewarnt waren, dass es am Sonntag gegen die Dresdener keineswegs einfach werden dürfte.

Und entsprechend spannend und fast schon dramatisch wurde es am Sonntag dann in der Tat, wobei der parallel Wettkampf zwischen Remagen und Berlin mit einen unerwartet klaren 2:6 für den Verein aus der Hauptstadt verloren ging. Die Viernheimer waren gegen Dresden erneut das nominell favorisierte Team, aber wie soft müssen die Partien erst einmal gespielt und möglichst gewonnen werden

Und GM Yuriy Kryvoruchko, GM Georg Meier und GM Dennis Wagner konnten dabei an diesem Tag nicht viel herausholen und mussten sich jeweils in Remisen fügen. Da zu diesem Zeitpunkt zwei Viernheimer Spieler bedenklich bis schlecht standen, und nur eine Partie nach echten Gewinnchancen aussah, war diese Phase nichts für schwache Nerven. Das erste (kleine) Wunder kam dann mit dem Remis von GM Anton Korobov trotz Minusqualität und bis kurz vor dem Ende ziemlich schwieriger Stellung. Und kurz danach das größere Wunder durch den Sieg von GM Fabien Libiszewski. Dieser musste eine lange Zeit objektiv verlorene Stellung verteidigen, schaffte es aber, die Partie kompliziert zu halten - und mit knapp werdender Bedenkzeit für beide zunehmend schwieriger zu spielen. Kurz vor der Zeitkontrolle konnte Fabien dann seinen Gegner sogar noch überspielen und am Ende mit einer kleinen Kombination den vollen Punkt einfahren. Zwischenstand nach dem parallelen Remis von GM Sebastien Maze somit ein 3,5:2,5 und es sah auf einmal wieder sehr gut für die Südhessen aus.

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Die Wagners beim Abendessen nach einem erfolgreichen Wettkampf (Foto: Stefan Spiegel)

In der Endphase des Wettkampfes vergrößerte GM Rainer Buhmann seinen leichten Vorteil instruktiv, sah sich dann aber nach langem Kampf genötigt, angesichts seiner ebenfalls unsicheren Königsstellung und knapper Bedenkzeit in ein Remis durch Dauerschach einzuwilligen. Das war nicht Wettkampf-entscheidend, aber trotzdem eine verpasste Gelegenheit, da Rainer genau in diesem Moment die Stellung erreicht hatte, in der er mit einem studienartigen Manöver sofort hätte gewinnen können. Und parallel dazu führte WGM Dinara Wagner ihre schon lange vorteilhafte Partie zum sicheren und verdienten Sieg, womit auch der Endstand des Wettkampfes mit einem 5,0:3,0 für den Schachclub Viernheim gegen USV TU Dresden sichergestellt war. Bemerkenswert ist dabei auch noch, dass mit Dennis Wagner und Dinara Wagner zum ersten Mal ein (großmeisterliches) Ehepaar für die Viernheimer im gleichen Bundesliga-Wettkampf an den Brettern saß.

Und auch für diesen Wettkampf gab es natürlich einen online-Kommentar, der von IM Günther Beikert zusammen mit Malte Markert bestritten wurde, und hier ebenfalls noch nachträglich angesehen werden kann.

Mit diesen drei Erfolgen bleibt der Schachclub Viernheim in der 1. Schach-Bundesliga schärfster Verfolger des deutschen Serienmeisters und Titelverteidigers, der OSG Baden-Baden, wobei beide Vereine bisher noch keine Punkte abgegeben haben. Möglicherweise fällt die Entscheidung um die deutsche Meisterschaft 2022/2023 erst, wenn die beiden Teams am 29. April in Viernheim aufeinandertreffen. Bis dahin müssen aber von beiden Mannschaften noch vier andere schwere Runden überstanden werden.

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