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Saisonauftakt: Berlin überrascht die Bayern

Erster Spitzenreiter der Schachbundesliga ist - nein, nicht die OSG Baden-Baden, trotz eines 6,5:1,5 in Kiel. Auch nicht die SG Solingen trotz eines 6,5:1,5 über Aufsteiger Kirchweyhe. Stattdessen führt der Münchener SC die Tabelle mit 2 Mannschaftspunkten und 8,5 Brettpunkten an. Den Münchnern ist nicht die Kuriosität gelungen, aus 8 Partien 8,5 Punkte zu holen. Stattdessen hatten sie schon am Freitag ihr Siebtrundenmatch gegen Aufsteiger Deggendorf vorgeholt und mit 5,5:2,5 gewonnen. Am Samstag gegen den Meisterschaftskandidaten Viernheim kamen drei Brettpunkte hinzu. Eine erste Überraschung der Saison gelang den SF Berlin, die den FC Bayern niederrangen.

Wassily Iwantschuk vermochte die Niederlage seines SC Remagen-Sinzig beim Bundesligaauftakt nicht zu verhindern. | Foto: Michael Reiß/Münchner SC 1836

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Vorab kreisten die Gespräche vor allem um eine Personalie, die sich nicht materialisieren sollte. „Jetzt erst recht“ wollen die Kieler Hans Moke Niemann einsetzen, aber die Zeit zwischen dem Ende der US-Meisterschaft und dem Bundesligaauftakt war zu kurz. Selbst wenn er gespielt hätte: Gegen den Titelverteidiger hatte die Kieler im Casino ihrer heimischen Stadtwerke nicht viel zu bestellen.

Vincent Keymer gegen Jonas Buhl Bjerre, den "dänischen Keymer". | Foto: Sebastian Buchholz/SK Doppelbauer Turm Kiel
Vincent Keymer gegen Jonas Buhl Bjerre, den "dänischen Keymer". | Foto: Sebastian Buchholz/SK Doppelbauer Turm Kiel

Am zweiten Brett bei seinem Debüt für Baden-Baden mag sich Vincent Keymer an sein Debüt in der deutschen Nationalmannschaft vor knapp einem Jahr erinnert haben, ein unglimpfliches. Im EM-Match gegen Dänemark war Keymer in die Computervorbereitung seines Gegners Jonas Bjuhl Berre gelaufen. In Kiel bot sich ihm die Gelegenheit zur Revanche, aber es war wieder der Däne, der mit den weißen Steinen das Kommando übernahm – bis er Keymer kurz vor der Zeitkontrolle erlaubte, sich günstig eines verlaufenen Turms zu entledigen.

Heimspiel in Kiel, vorne: Hamburg gegen Schönaich, hinten: Kiel gegen Baden-Baden. | Foto: Sebastian Buchholz/SK Doppelbauer Turm Kiel
Heimspiel in Kiel, vorne: Hamburg gegen Schönaich, hinten: Kiel gegen Baden-Baden. | Foto: Sebastian Buchholz/SK Doppelbauer Turm Kiel

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Kalte Dusche zum Saisonauftakt für den Aufsteiger, der, bei weitem nicht in Bestbesetzung, gegen die Hamburger wenig zu bestellen hatte. Immerhin: Ein erster Partiegewinn in der Schachbundesliga steht für den TSV Schönaich schon zu Buche. Volodymyr Vyval fügte Julian Kramer dessen erste Bundesliganiederlage nach fast dreieinhalb Jahren zu.

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Den ersten Sieg des ersten Spieltags sahen Zuschauer und Spieler in München, genauer: beim FC Bayern. Emil Schmideks 20-Züger am siebten Brett gegen den einstigen WM-Kandidaten Zoltan Ribli nährte die Berliner Hoffnungen, gegen die gegenüber dem Vorjahr speziell an den oberen Brettern verstärkten Bayern nicht leer auszugehen.

17.Se5+! führte zur ersten entschiedenen Partie des ersten Spieltags.
17.Se5+! führte zur ersten entschiedenen Partie des ersten Spieltags.

Vom Lokalrivalen Münchener SC 1836 waren die beiden besten Spieler des Irans zu den Bayern gewechselt. Beide, Parham Maghsoodloo und Amin Tabatabei, saßen gegen Berlin an den Brettern. Aber die Gäste hatten, so zeigte sich, einen zweiten Matchwinner in ihren Reihen. Der Elo-Unterschied von fast 200 Punkten interessierte am ersten Brett Jan-Christian Schröder deutlich weniger als der König von Parham Maghsoodloo (Elo 2721).

Ein 2700er-Skalp für Jan-Christian Schröder. | Foto: Ralf Rache
Zum Saisonauftakt ein 2700er-Skalp für Jan-Christian Schröder. | Foto: Ralf Rache

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Ohne K&K mussten die SF Deizisau gegen Dresden zurechtkommen. Das eine „K“, Vincent Keymer, wird in dieser Saison gar nicht zur Verfügung stehen, weil er zum großen Bruder nach Baden-Baden gewechselt ist (siehe oben). Das andere, Dmitrij Kollars, fehlt voraussichtlich nur zum Auftakt. Kollars betreut als Coach die deutsche Delegation bei der am Samstag beendeten Junioren-WM auf Sardinien.

Marc Andria Maurizzia, der "französische Keymer" in Diensten von Deizisau. | Foto: Jurriaan Hoefsmit/Tata Steel Chess
Marc Andria Maurizzia, der "französische Keymer" in Diensten von Deizisau. | Foto: Jurriaan Hoefsmit/Tata Steel Chess

Für Kollars Schützlinge bei der Weltmeisterschaft hat es nicht für Medaillen gereicht, aber vielleicht tröstet ihn der Umstand, dass seine Kollegen in der Bundesliga auch ohne ihn erfolgreich gestartet sind. An den beiden unteren Brettern entschied die Deizisauer Elo-Übermacht und an den sechs darüber sprang ein weiterer voller Punkt zum deutlichen Gesamtsieg heraus.

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Ein 2,5:0,5 an den oberen drei Brettern half den Münchnern nicht. 0,5:4,5 gingen die unteren fünf verloren. Viernheims Ausgeglichenheit triumphierte in Abwesenheit des bei der Carlsen-Tour beschäftigten Shakhriyar Mamedyarov, ein erster Schritt auf dem Weg zum großen Ziel, den Baden-Badenern die Meisterschaftssuppe zu versalzen.

Falschmeldung: dieses kaum zu übersehende Beinkleid wurde schon in der vergangenen Saison gesichtet.
Falschmeldung: Dieses kaum zu übersehende Beinkleid wurde schon in der vergangenen Saison gesichtet.

Das Match war Schauplatz nur eines Debüts, nicht zweier, wie an anderer Stelle irrtümlich gemeldet. Viernheims Mannschaftsführer Stefan Martin trug nämlich nicht ein neu angeschafftes Saisonauftaktbeinkleid, sondern ein Modell, das er schon in der vergangenen Saison getragen hatte. Warhaftig war nur das Debüt von Georg Meier, der von Baden-Baden nach Viernheim gewechselt ist. Mit einem vollen Punkt führte sich Meier bestens ein.

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Im Duell der Aufsteiger für beide Teams die Gelegenheit, erste Punkte gegen den Abstieg zu sammeln. Aber trotz der Wichtigkeit der Auftaktbegegnung kreisten auch hier die Gespräche vor allem um eine Personalie: Wassily Iwantschuk.

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Leibhaftig: Wassily Iwantschuk in München.

Der ukrainische Schachverband hatte seiner Schachlegende geholfen, eine befristete Ausreise-Sondergenehmigung zu bekommen. Und so spielte der einstige Weltranglistenzweite in München am ersten Brett seine erste Turnierpartie seit Februar 2020. Als Weißer ließ sich „Chucky“ auf das Marshall-Gambit ein, kam aber nie in die Nähe eines vollen Punktes. Und musste mitansehen, wie das Match für seine Farben mit 3:5 verloren ging.

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Auch für den SK Kirchweyhe, den höchstgewetteten der vier Aufsteiger, werden die Trauben hoch hängen.  Gegen das Solinger Spitzenteam hielt die Balkanriege aus dem Bremer Umland zwar die ersten beiden Bretter, kassierte aber dennoch ein deutliche Niederlage.

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Ausgekämpft, letztlich friedlich. Zwar verkombinierte sich in bedrängter Lage Bremens Luke McShane gegen David Navara, aber als Mülheims Daniel Hausrath in ähnlich bedrängter Lage sein Endspiel entglitt, stellte Navaras Landsmann Zbynek Hracek den Ausgleich her.  

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Ups, 34...b2 hilft leider nicht. Weiß zieht 35.Sxc8 und gewinnt.

 

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