Viernheim feiert: mit weißer Weste zur Endrunde
Der Schachclub Viernheim bringt von der Reise nach Bremen 4:0 Mannschaftspunkte mit nach Hause und bleibt damit ohne Verlustpunkte an der Tabellenspitze der Schachbundesliga. Dicht dahinter liegt der deutsche Serienmeister, die OSG Baden-Baden, ebenfalls mit weißer Weste aber ein paar Brettpunkten weniger. Die vier führenden Vereine der höchsten deutschen Spielklasse, neben Viernheim und Baden-Baden also auch noch Deizisau und Solingen, tragen alle direkten Wettkämpfe erst bei der Endrunde im Juli in Bremen aus, so dass sportlich noch vieles offen ist im Rennen um die vordersten Plätze.
Das Viernheimer Team feiert ein erfolgreiches Wochenende; von links: Anton Korobov, Sergey Fedorchuk, Dennis Wagner, Amin Bassem, Fabien Libiszewski, Sebastien Maze, David Anton-Guijarro, Stefan Martin, Yuriy Kryvoruchko. | Fotos: Stefan Spiegel
Das Wochenende begann am Samstag mit dem Transfer vom Hotel in das Weserstadion der Gastgeber Werder Bremen, und dort dann in den VIP-Bereich mit sehr ansprechenden Spielbedingungen. Der Gegner SV Mülheim Nord war nominell etwas schwächer aufgestellt als die Südhessen an diesem Tag, trotzdem war der glatte 6,5:1,5-Erfolg ohne Verlustpartie eine unerwartet souveräne Angelegenheit. Es gewannen GM Anton Korobov (Brett 2), GM Bassem Amin (4), GM Sergey Fedorchuk (5; schönes Turm- bzw. Damenopfer in Zug 32), GM Dennis Wagner (6) und GM Sebastien Maze (7). Am Spitzenbrett remisierte GM Yuriy Kryvoruchko, ebenso wie GM David Anon-Guijarro (Brett 3) und GM Fabien Libiszewski (Brett 8). Da der Wettkampf in keiner Phase kritisch wurde, konnte sich Mannschaftsführer Stefan Martin parallel dazu in den anderen Räumlichkeiten des Stadions umsehen, in dem im Juli auch die zentreale Endrunde der Schach-Bundesliga stattfinden wird.
Im parallelen Wettkampf musste Viernheims Reisepartner, die SG Solingen, unterdessen trotz leichter Favoritenrolle eine knappe Niederlage mit 3,5:4,5 gegen die Gastgeber Werder Bremen hinnehmen.
Am Sonntag setzte sich Solingen mit 5:3 gegen Mülheim durch, während es für den Schachclub Viernheim nun gegen die Bremer Gastgeber ging - und angesichts der Ergebnisse am Vortag war klar, dass dieser Wettkampf für die Südhessen deutlich schwerer werden würde. Bemerkenswert war bei diesem Match neben allen sportlichen Aspekten aber auch die Tatsache, dass beide Teams mit jeweils 3 ukrainischen Spielern antreten konnten, was angesichts der russischen Angriffskrieges in der Ukraine ja keineswegs selbstverständlich ist.
Der eigentliche Wettkampf gestaltete sich recht ausgeglichen mit Remisen von Yuriy Kryvoruchko am 1. Brett sowie von Anton Korobov (2), Sergey Fedorchuk (5) und Sebastien (7). Mit einem schönen Sieg von Dennis Wagner an Brett 6 stand es damit 3:2. Die Partie von David Anton-Guijarro (Brett 3) sah etwas kritisch aus, während Fabien Libiszewski (8) wohl eine bei präziser Technik gewonnene Stellung hatte, und Bassem Amin (4) einen Mehrbauern hatte, allerdings seine gedrückte Stellung irgendwie befreien musste.
Die Partie von David ging wie befürchtet verloren und Fabien ließ sich vom engen Wettkampfverlauf nicht beirren und sicherte sich den vollen Punkt. Fast zeitgleich wurdes es beim (virtuellen) Zwischenstand von 4:3 für den Schachclub Viernheim dann richtig dramatisch am Brett von Bassem. Er hatte sich langsam etwas befreien können und seinen Mehrbauern dabei sogar verteidigen können. Die Stellung war jedoch sehr komplex und für beide Spieler schwer zu spielen. Mit einer Zentralisierung der Dame wollte Bassem die Position eigentlich weiter unter Kontrolle halten, erlaubte damit aber einen taktischen Gegenschlag, den sein Gegner auch ausführte.
Beide Spieler hatten diese Wendung gesehen, aber wohl nicht so tief und genau beurteilen können, wie es die spätere Computeranalyse ergab. Anstelle einer Variante mit deutlichem Nachteil für Bassem (und vermutlich einem 4:4 Endergebnis) kam stattdessen die wohl von beiden Spielern gesehene Variante mit einem sofortigen Dauerschach aufs Brett. Damit war zur großen Freude der Südhessen der knappe Sieg mit 4,5:3,5 nach einem am Ende äußerst spannenden Wettkampf sichergestellt.
Mit diesen beiden Siegen fährt der Schachclub Viernheim nun völlig überraschend ohne Verlustpunkte und als Tabellenführer der 1. Schach-Bundesliga zur zentralen Endrunde, die vom 7.-10. Juli erneut im Bremer Weserstadion stattfinden wird. Sportlich entschieden ist im Rennen um den Titel und die vorderen Plätze aber noch gar nichts, da das direkte Kräftemessen mit dem immer noch favorisierten Team des deutschen Serienmeisters, der OSG Baden-Baden, noch ansteht. Und ebenso die sehr schweren Wettkämpfe gegen Deizisau und Solingen.
Es bleibt also spannend, und eine Entscheidung wird voraussichtlich erst in den allerletzten Runden der Saison fallen.