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Zwei Kantersiege, ein Geburtstag: Feiertage in Solingen

Im Gleichschritt marschieren Baden-Baden und Viernheim vorneweg, punktgleich und brettpunktgleich. Die Geschichte des Wochenendes schrieb allerdings Verfolger SG Solingen. Gegen Kiel und Hamburg erwarteten die Klingenstädter knappe, ausgekämpfte Duelle. Aber die gestalteten sie als Spaziergang: Mit zwei 7:1-Siegen über starke Mannschaften haben sich die Solinger mit 11:1 Punkten als erster Verfolger etabliert. Würde die Tabelle nach Brettpunkten ermittelt, wären sie sogar vorne.

Der sechste Spieltag:

So sehen Sieger aus: Die Solinger feiern den 23. Geburtstag von Jorden van Foreest (4.v.l.) und ihren 7:1-Sieg am Samstag, dem sie am Sonntag ein weiteres 7:1 folgen ließen. | Foto: Oliver Kniest/Solinger SG

  BCA Augsburg – Münchener SC 1836 2,5:5,5

bca

Den Plan der Münchener hatte Teamchef Michael Reiß sogar per Twitter öffentlich gemacht, …

msc

…allerdings angezweifelt, ob dieser Plan funktionieren würde.

Und wie! Ivan Saric legte einen Blitzsieg hin, und Gawain Jones verwaltete am ersten Brett bald einen komfortablen Vorteil. Nach und nach zeichnete sich auch bei Parham Maghsoodloo sowie Pavel Eljanov ein voller Punkt ab. Und mit diesen vier Punkten auf der Habenseite spielte es kaum eine Rolle, was in der unteren Hälfte des Tableaus passieren würde.

Maximilian Berchtenbreiter kämpft vergeblich, Pavel Eljanov erfolgreich. | Foto: Michael Reiß/Münchener SC 1836
Maximilian Berchtenbreiter kämpft vergeblich, Pavel Eljanov erfolgreich. | Foto: Michael Reiß/Münchener SC 1836

USV TU Dresden – FC Bayern München 3,5:4,5

fcb

Zoltan Ribli. | Foto: FC Bayern München
Zoltan Ribli. | Foto: FC Bayern München

Dass dieses ein weiterer erfolgreicher Heimkampf die Bayern werden würde, zeichnete sich früh ab. Daran beteiligt war unter anderem der älteste Spieler dieses Spieltags, der einstige WM-Halbfinalist Zoltan Ribli. Der 70-Jährige schickte sich an, gegen den einstigen Bundestrainer Uwe Bönsch auf Dresdner Seite eine Musterpartie zu spielen. Auch wenn es Bönsch letztlich gelingen sollte, einen halben Punkt zu retten: sehenswert! Instruktiv!

Nicht nur Bönsch entschlüpfte, auch Liviu Dieter Nisipeanu, der gegen Niclas Huschenbeth unter anhaltenden taktischen Druck geraten war. Nur Linus Johansson, Dritter im Bunde derjenigen, die früh einem Punkt entgegenzusegeln schienen, holte diesen vollen Punkt schließlich. Und so kam es, dass das Ergebnis weniger deutlich ausfiel, als sich anfangs angedeutet hatte. Den letzten halben Punkt, den die Bayern noch zu neuerlichen Sieg brauchten, fuhr Philip Lindgren ein:

fcb

SK Doppelbauer Turm Kiel – SC Viernheim 3,5:4,5

kiel

Igor Khenkin gilt als einer der friedfertigsten Vertreter der Großmeisterzunft, schnellen Friedensschlüssen oft nicht abgeneigt. Aber wenn er spielen will (oder muss, weil ihm, wie am Sonntag, die Nummer sieben der Welt gegenübersitzt), dann kann er jedem gefährlich werden. Auch einem Shakh Mamedyarov, …

21...Txe5!, und Weiß ist nicht glücklich.
21...Txe5!, und Weiß ist nicht glücklich.

…der am Sonntag, kaum dass die Partie begonnen hatte, sich mit den weißen Steinen in höchster Not befand.

Generell machte es den Eindruck, als wollten die Kieler das 1:7 vom Vortag nicht einfach so stehen lassen. Nicht nur Khenkin war auf bestem Wege, Mamedyarov am Spitzenbrett die zweite Niederlage des Wochenendes zuzufügen. Nikita Meshkovs setzte bald dazu an, mit Bassem Amin des stärksten Spieler des afrikanischen Kontinents zu überrennen, und Ashot Parvanyan erarbeitete sich prächtige Aussichten gegen World-Cup-Teilnehmer Arik Braun.

Natürlich lässt sich eine Edeltruppe wie die der Viernheimer nicht vollständig neutralisieren. Anton Korobov und Dennis Wagner (mit dem Masters-Sieg seiner Gattin im Rücken?!) setzten auf Viernheimer Seite an zu punkten. Und das taten sie auch, während die Kieler aus ihren drei günstigen Partien nur einen Sieg erzielten.

Hamburger SK – SG Solingen 1:7

hsk

Schon wieder 7:1! Ausgerechnet das Heimspiel-Wochenende, an dem die räumlichen Umstände keine Zuschauer zuließen, sollte zum (wahrscheinlich?!) erfolgreichsten der langen Solinger Bundesligageschichte werden. Nach den starken Kielern, die tags darauf beinahe Viernheim ein Bein gestellt hätten, erteilten die Gastgeber auch den starken Hamburgern eine Lektion.

Offenbar war am Vorabend die Geburtstagsfeier von Jorden van Foreest nicht ausgeartet. Auch am Morgen danach zur schachspielerunfreundlichen Zeit von 10 Uhr zeigte sich die Großmeisterriege aus der Klingenstadt bestens aufgelegt. Nur Hamburgs Neuzugang Nihal Sarin sowie Rasmus Svane an Brett eins und zwei vermochten halbe Punkte zu entführen.

Erwin l'Ami und Max Warmerdam blicken auf ein selten erfolgreiches Solinger Schachbundesliga-Wochenende zurück. | Foto: Oliver Kniest/SG Solingen
Erwin l'Ami und Max Warmerdam blicken auf ein selten erfolgreiches Solinger Schachbundesliga-Wochenende zurück. | Foto: Oliver Kniest/SG Solingen

SF Berlin – SF Deizisau 4:4

sfb

Es war ein ausgeglichener Kampf. Aber bevor er ausgeglichen endete, eine veritable Überraschung, mussten alle Beteiligten zwei Wendepunkte durchleben.

vinc

Am ersten Brett stand Vincent Keymer bald vorteilhaft gegen Alexei Sarana, dafür war drei Bretter weiter Dmitrij Kollars ins Hintertreffen gegen Jacek Tomczak geraten. Und so wogte es hin und her. Dann griff Jan Sprenger in Zeitnot gehörig daneben, ein vermeintlich das Match gegen seine Berliner entscheidender Fehler.

35.Dxa7 verliert. 35.Lf6 hätte gewonnen.
35.Dxa7 verliert. 35.Lf6 hätte gewonnen.

3:3 stand es nun, und während die eine noch laufende Partie zwischen Zdenko Kozul und Szymon Gumularz, ein unschuldiges Turmendspiel, einem Remis entgegenzutrudeln schien, schickte sich Keymer an, mit einer strategischen Meisterleistung den Mannschaftssieg für Deizisau zu erkneten. Aber es sollte noch jemand danebengreifen. Kozul entglitt das Turmendspiel, und Keymer wurde für Deizisau zum Retter statt zum Matchwinner.

Der Moment der Aufgabe: Die Miene von Dmitrij Kollars dürfte in etwa die Gemütslage der Deizisauer nach dem unerwarteten Punktverlust spiegeln. | Foto: Patrick Bittner
Der Moment der Aufgabe: Die Miene von Dmitrij Kollars dürfte in etwa die Gemütslage der Deizisauer nach dem unerwarteten Punktverlust spiegeln. | Foto: Patrick Bittner

SK König Tegel – OSG Baden-Baden 2:6

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Ein routiniert herausgespielter Sieg des Deutschen Meisters gegen den Aufsteiger. An den Brettern, an denen es nicht rund lief, gab Baden-Baden halbe Punkte her, und dort, wo sich die Chance ergab, holten sich die Gastgeber die ganzen Punkte.

Fast eine Lehrbuchpartie: Jan Gustafsson. | Foto: Patrick Bittner
Fast eine Lehrbuchpartie: Jan Gustafsson. | Foto: Patrick Bittner

Die einzige Ausnahme von dieser Regel repräsentiert Jan Gustafsson, der mit den schwarzen Steinen lange auf dem besten Weg zu sein schien, eine Lehrbuchpartie zu gewinnen. Allerdings mühte sich auf der anderen Seite des Brettes Martin Brüdigam nach Kräften, einen solchen Sieg zu verhindern. Brüdigam rettete sich in ein Turmendspiel mit 2 vs. 3 auf einem Flügel – und war nach 97 Zügen am Ziel.

gusti

SV Werder Bremen – Aachener SV 6:2

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Der Mannschaftskampf hatte gerade begonnen, da neigte sich die Waagschale schon gen Bremen. Roland Pruijssers profitierte von einem Übersehen Hans-Hubert Sonntags, das diesen eine Figur kostete, und wenig später wies Zbynek Hracek nach, dass Oscar Lemmers‘ König zu luftig stand. Mit dem 2:0 im Rücken nahmen die Dinge ihren Lauf.

18. Lxa6. Rumms!
18. Lxa6. Rumms!

Nach dem Remis am Vortag gegen David Navara hatte allerdings am Spitzenbrett Christian Seel die große Chance, einen Elitegroßmeister zu besiegen. Während seine Bremer ungefährdet siegten, kann Kirill Shevchenko am ersten Brett froh sein, mit einem halben Punkt davongekommen zu sein.

50 Prozent gegen Weltklasseleute, und es war noch mehr drin: Christian Seel. | Foto: Andreas Herrmann/Düsseldorfer SK
50 Prozent gegen Weltklasseleute, und es war noch mehr drin: Christian Seel. | Foto: Andreas Herrmann/Düsseldorfer SK

SV Mülheim Nord – Düsseldorfer SK 5,5:2,5

svm

Wer sich beim Schach, speziell im Endspiel, nur passiv hinstellt und halten will, der verliert. Es gilt, aktiv zu werden, Chancen zu kreieren, Gegenspiel zu finden. Jeder Schachspieler weiß das, ein Schachspieler großmeisterlichen Formats wie Alexander Berelowitsch sowieso. Und so suchte er im 37. Zug gegen Arturs Neiksans Gegenspiel, leider in einer Lage, die die Ausnahme von der Regel repräsentierte: Stehenbleiben und Halten hätte eher zum Erfolg geführt. Vielleicht galt hier eher der Leitsatz, bei knapper Zeit nicht das Wesen der Stellung zu verändern?

Als Berelowitschs Partie verloren ging, war für die Düsseldorfer klar, dass auch der Kampf verloren gehen würde, der sechste in Folge für den Liga-Neuling und ein weiterer ausgekämpfter über die Distanz, bei dem es am Ende nicht reichen sollte.

dsk

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