Auch ohne Keymer: Deizisau bleibt dran
Während der SV Hockenheim und die OSG Baden-Baden verlustpunktfrei vorneweg marschieren, bleiben die SF Deizisau hartnäckig dran. Auch ohne Vincent Keymer gelang den Deizisauern in der zehnten Runde ein hart erkämpfter 4,5:3,5-Sieg über den starken SC Viernheim, der nach zwei Niederlagen auf den fünften Tabellenplatz zurückgefallen ist. Als neuer Tabellenvierter grüßt die SG Solingen.
Einsames Vergnügen? Nein, Georgios "The Big Greek" Souleidis empfängt illustre Gäste. Im Nebenraum sitzt für Schachdeutschland TV David "Schachpanda" Riemay vor einem ähnlichen Setup. | Foto: SF Berlin
SF Deizisau – SC Viernheim 4,5:3,5
Das positionelle Meisterstück, das Viernheims Spitzenmann Shakh Mamedyarov am ersten Brett in einer slawischen Abtauschstruktur gegen Gata Kamsky ablieferte, half nicht. Zwei Endspieldramen entschieden den Kampf zugunsten Deizisaus, obwohl das erste dieser Dramen sehr günstig für Viernheim lief:
Es bedarf keiner 2700 Elo, um zu sehen, dass zwischen Matthias Blübaum (Deizisau) und Igor Kovalenko eigentlich nicht mehr viel los war. Wohin auch immer der weiße König geht, die Chose ist ausgeglichen und sollte remis enden.
Anstatt seinen König zu bewegen, entschied sich Matthias Blübaum für 46.De4??
Und es bedarf durchaus einer gehörigen Spielstärke und entsprechenden kalkulatorischen Gaben, um zu erkennen, dass das nach 46…Dxe4+ entstehende Bauernendspiel für Weiß verloren (!) ist. Einen entscheidenden Faktor erklärte der live kommentierende Big Greek den Zuschauern: Nach 47.Kxe4 a4! -+ verfügt Schwarz über das wertvolle Reservetempo …b5, mit dem er den Weißen in allen folgenden Varianten bei Bedarf in die Bredouille bringen kann.
Aber auf Seiten Deizisaus spielte ja noch Andreas Heimann, und der hatte sich gegen Großmeister und Teilzeitnuklearphysiker Vladimir Malakhov ein Endspiel erarbeitet, das zumindest besser sein sollte. Aber würde es trotz ungleichfarbiger Läufer zu gewinnen sein?
Auch hier bedarf es beträchtlicher schachlicher Pferdestärken, um 66…Ta2? als partieentscheidenden Fehler nachzuweisen. 67.Lf3! +- ist erforderlich, dann muss Schwarz auf a7 eine Figur für den Freibauern geben, und schwarze Turmopfer auf g2 und der dadurch entstehende eigene Freibauer helfen nicht mehr.
OSG Baden-Baden – Aachener SV 7,5:0,5
Schachlich fand Richard Rapport seinen schnellen Sieg über IM Thibaut Vandenbusche nicht weiter bemerkenswert. „Ich kam gut aus der Eröffnung, dann hat Schwarz taktische Fehler gemacht, und dann war es schon vorbei“, erklärte Rapport auf dem Grenke-Videokanal, der täglich bewegte Bilder aus Berlin produziert:
Die Rolle des Helden dieses ungleichen Vergleichs kommt den Aachener IM Hans-Hubert Sonntag zu. Sonntag hielt seine Partie gegen den mehr als 300 Punkte stärkeren Rustam Kasimdzhanov in der Waage, erkämpfte seinen Mannen den einzigen halben Punkt und verhinderte die 0:8-Klatsche gegen einen übermächtigen Gegner.
SC Hockenheim – SG Turm Kiel 5,5:2,5
Ein Doppelsieg der Doppelspitze Ernesto Inarkiev/Ruslan Ponomariov legte den Grundstein dafür, dass die Hockenheimer weiße Weste unbefleckt bleibt. Insbesondere Ponomariovs Sieg war sehenswert. Wie er den Franzosen von Marcin Dziuba schnurstracks auseinanderschraubte, stark!
Und doch hätte es nicht so deutlich werden müssen, allerdings hätte das erfordert, dass Jakob Leon Pajeken an Brett acht den hübschen taktischen Schuss 23…Txd2 findet:
Er fand ihn nicht, und Hockenheim macht weiter Druck auf Baden-Baden.
SG Speyer-Schwegenheim – Hamburger SK 3,5:4,5
Wer insgeheim gehofft hatte, die Hamburger würden das Berliner Stelldichein der Weltklassespieler mit ihrer Nummer eins Jan-Krysztof Duda um einen ebensolchen bereichern, der sieht nun die schwedische Nummer eins Nils Grandelius das Spitzenbrett der Hamburger verwalten. Und der sieht, dass Grandelius am ersten Brett der Liga goldrichtig ist. Bei 3,5/4 steht Grandelius nun nach seinem Sieg über den ukrainischen GM Mykhaylo Oleksiyenko.
Mit diesem Punkt trug er zum knappen, hart erkämpften Erfolg seiner Hamburger über Speyer-Schwegenheim bei. Einem allerdings war es ganz recht, dass er nicht allzu hart kämpfen musste. Rasmus Svane am zweiten Brett, erst am Vorabend aus Spanien zurückgekehrt, ließ es auch in der zweiten Partie des Tages ruhig und friedlich angehen.
Werder Bremen – BCA Augsburg 4:4
„Fünfter werden“, hatte Bremens Coach Jonathan Carlstedt mittags als Bremer Ziel fürs Bundesligafinale ausgegeben. Spätestens als am dritten Brett Bremens 2600er Romain Edouard gegen Nikola Nestorovic rasant unter die sizilianischen Räder geriet, zeichnete sich ab, dass die Bremer dieses Ziel wahrscheinlich verfehlen werden:
Ein 4:4 gegen die an den oberen Brettern nominell unterlegenen Augsburger wird den Bremern nicht genügen. Die Augsburger werden zufrieden zur Kenntnis nehmen, dass sie auch gegen Mannschaften mit Ambitionen fürs obere Drittel mithalten können.
USV/TU Dresden – SV Mülheim Nord 4:4
„Ich musste ein bisschen leiden“, erklärte Dieter Nisipeanu. In Gefahr sei der halbe Punkt gegen den Mülheimer Spitzentschechen David Navara gleichwohl nicht gewesen. Und weil auch am zweiten Brett Dresdens Grzegors Gajewski gegen Thai Dai Van Nguyen nichts anbrennen ließ, hatten die Dresdner die starke Mülheimer Doppelspitze bald ausgebremst.
Der Lohn: ein 4:4 und der vierte Mannschaftspunkt in einer bislang eher unglücklich gelaufenen Saison. Die Dresdner nähern sich dem Punkt, an dem auch rechnerisch der Klassenerhalt 19-21 unter Dach und Fach ist.
SF Berlin 1903 – SG Solingen 3,5:4,5
Nun haben die Gastgeber doch ihren Meister gefunden. Nach zwei Siegen zu Beginn zeigte sich, dass die SF Berlin ein Match verlieren können. Allerdings lieferten sie den nominell klar favorisierten Solingern einen knappen Kampf – trotz eines 0:3 an den ersten drei Brettern.
Auf Seiten der Solinger steht am Spitzenbrett der Österreicher Markus Ragger bei beeindruckenden 5,5/8 gegen enorm starke Widersacher. Ragger ist auf bestem Wege, bald wieder der einzige deutschsprachige 2700er in der Weltrangliste zu sein.